© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 44/17 / 27. Oktober 2017

Im Banne autoritärer Codes: Auf dem Balkan stockt die demokratische Transformation
Am Ende steht der Clan
(gz)

Während die Bundesregierung die Berliner Republik eifrig zum Vielvölkerstaat umbaut, erinnert die ihr unterstehende Bundeszentrale für politische Bildung arglos an die Geburtsstunde Jugoslawiens, des „letzten Vielvölkerstaats in Europa“ (Aus Politik und Zeitgeschichte, 40–41/2017). Im Juli 1917 als „dreinamige Nation“ der Serben, Kroaten und Slowenen gegründet, nach 1945 als „sozialistischer Bundesstaat“ neu konstituiert, begann sich dieses Gebilde bereits nach dem Tod des Präsidenten Josip Broz Tito 1980 zu zerlegen. Der Druck einer schweren Wirtschaftskrise habe genügt, um dann nach 1991 „schwelenden Nationalismen Bahn zu brechen“. Von „demokratischer Transformation“ sei der „postjugoslawische Raum“ heute mit sieben souveränen Nachfolgestaaten Jugoslawiens jedoch weit entfernt, da die Attraktivität des multikulturellen Brüsseler Demokratie-Modells schwinde, während mit der „nationalistischen Mobilisierung“ der Einfluß der „autoritären Codes“ Rußlands und der Türkei zunehme. Da es an nationalstaatlicher Identität fehle, müsse „autoritäres Regieren“ bei allen Balkanvölkern an alte Traditionen der „Informalität“ anschließen. Anstelle von Institutionen träten dabei durch Clan-Zugehörigkeit und ethnische Herkunft geknüpfte „klientilistische Netzwerke“, die die Spielregeln des Gemeinwesens „aushandeln“ und staatliche Ressourcen verteilen.


 www.bpb.de/apuz