© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/17 / 03. November 2017

Zeitschriftenkritik: Pro
Repressionen gegen Christen
Werner Olles

Mindestens hundert historische Güter der aramäischsprachigen Kirche hat die türkische Regierung in den letzten fünf Jahren konfisziert. Der Religionswissenschaftler Christof Sauer schreibt in der aktuellen Ausgabe (5/2017) des zweimonatlich erscheinenden christlichen Medienmagazins Pro, diese Enteignungen seien nur Teil eines breiten Repertoires an Repressionen gegen christliche Minderheiten, „deren trauriger Mittelpunkt der Genozid an den Armeniern und Aramäern während des Ersten Weltkriegs war“. Allein im Juni dieses Jahres wurden fünfzig kirchliche Liegenschaften, Klöster, Monumente, umfangreiche Ländereien und Dorffriedhöfe im Raum Mardin entschädigungslos enteignet, die Ländereien an Kommunen und die Gotteshäuser dem staatlichen Religionsamt Diyanet überschrieben. Trotz der Enthüllungen durch die armenische Wochenzeitung Agos, Proteste der Kirchen und des ausländischen Medienechos bekamen die Kirchen die Güter nicht zurück.

In der hauptsächlich von Kurden bewohnten Stadt Diyarbakir beschlagnahmte der Staat alle christlichen Kirchen, darunter die größte armenische Kathedrale im Mittleren Osten, die Armenisch-Apostolische Kirche Surp Giragos, die von der armenischen Diaspora vor wenigen Jahren renoviert und wiedereröffnet wurde. Inzwischen veröffentlichte Agos Bilder, die die Kathedrale verwüstet und entweiht zeigen. Auch in Istanbul sind denkmalgeschützte Kirchen, Klöster und Synagogen durch neue Bebauungspläne aktuell in Gefahr. Ähnlich dramatisch ist die Lage auch im Sudan, in Ägypten, im Iran, weiten Teilen Nordafrikas und der Aarabischen Halbinsel. 

Matthias Hilbert schildert in seinem Beitrag „Von der Pfarrerstochter zur Top-Terroristin“ das Leben Gudrun Ensslins, die sich vor 40 Jahren in Haft selbst umbrachte. In ihrem Elternhaus christlich sozialisiert und in der Gemeinde aktiv, studierte sie in Tübingen Germanistik und Philosophie. Im Wintersemester 1961/62 lernte sie Bernward Vesper kennen, Sohn des den Nationalsozialisten nahestehenden Dichters Will Vesper. An der Berliner FU setzten sie ihr Studium fort, engagierten sich für Willy Brandt und die SPD. Die Große Koalition und die Erschießung Benno Ohnesorgs radikalisierten Ensslin, die Andreas Baader kennenlernt, einen Kleinkriminellen aus der Münchner Boheme. Beide werden ein Paar, dessen gewalttätige Aktionen am Beginn einer Serie von Anschlägen stehen, die mit ihrer Festnahme im Juli 1972 und dem Selbstmord von vier RAF-Terroristen enden, nachdem der Freipressungsversuch durch die Entführung Schleyers und der Lufthansa-Boeing „Landshut“ scheiterte. Hilbert beschreibt das Schicksal der Terroristin sehr anschaulich, erwähnt jedoch nicht die politischen Anfänge von Ensslin und Vesper, als diese in ultrarechten Verlagen völkische Schriften herausgaben.

Weitere Beiträge befassen sich mit dem digitalen Wandel in der Kirche, der Schattenseite des Urlaubsparadieses Mallorca und Muslimen in der CDU.

Kontakt: Christlicher Medienverbund KEP e.V., Postfach 1869, 35528 Wetzlar.

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