© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/17 / 03. November 2017

Blick in die Medien
Neuer Schwung
Tobias Dahlbrügge

Der parlamentarische Geschäftsführer der AfD, Bernd Baumann, kündigte in der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestages eine „neue Epoche“ an, die mit der AfD nun ins Parlament einziehe. Offenbar hat er recht, zumindest stieß diese Bundestagssitzung beim Fernsehpublikum auf erstaunlich großes Interesse. Liveübertragungen aus dem Plenarsaal sind normalerweise nicht gerade ein Quotenrenner, doch diesmal schalteten erheblich mehr Zuschauer ein als sonst.

Der Sender Phoenix erreichte mehr Zuschauer als je zuvor in seiner 20jährigen Geschichte: Über eine halbe Million Menschen sahen zeitweise der Debatte zwischen 10 und 17 Uhr zu. Im Ersten waren es noch mehr: in der Spitze fast 700.000, ein Marktanteil von fast zehn Prozent. Auch kleinere Sender wie n-tv und N24 konnten sich über Zuwächse freuen.

Kommentatoren sprechen vom „AfD-Effekt“, der für neues politisches Interesse sorgt.

Kommentatoren sprechen vom „AfD-Effekt“. Die neue Fraktion sorgt demnach für neues Interesse an den Debatten des Bundesparlaments. Man könnte auch sagen: Endlich mal wieder ordentlich was los in der müden Bude! Union, Grüne und FDP finden sich plötzlich in einem Boot wieder, die Sozis sind noch völlig von der Rolle, und die AfD zeigt sich angriffslustig. Das ist doch etwas anderes als die langweilige Konsens-Maschine der GroKo und das Theater der Pseudo-Opposition.

Wenn die Einschaltquoten tatsächlich eine Abnahme der Politikverdrossenheit und ein neues Interesse an kontroversen Debatten und Richtungsstreits bedeuten, wäre der „AfD-Effekt“ nur zu begrüßen. Und auch die Medien würden profitieren, wenn es endlich mal wieder rundginge im politischen Meinungswettbewerb. Vielleicht wäre die Berichterstattung dann auch weniger stromlinienförmig. Allerdings müßten die Mimosen dazu ihre Empörungsreflexe im Griff haben und nicht jede robuste Kritik an der Regierung als ungeheuerliche Unbotmäßigkeit verdammen.