© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/17 / 03. November 2017

Knapp daneben
Sophia weist den Weg
Karl Heinzen

Saudi-Arabiens internationale Geltung beruhte bislang nicht darauf, wesentliche Beiträge zum Fortschritt der Zivilisation geleistet zu haben. Dies scheint sich jetzt zu ändern. Während Berufsethiker weltweit noch darüber debattieren, wie mit dem Phänomen der Künstlichen Intelligenz umzugehen sei, hat das Königreich der tausend Prinzen Nägel mit Köpfen gemacht und dem humanoiden Roboter Sophia die Staatsbürgerschaft verliehen. Die Dauernörgler der Zivilgesellschaft könnten nun zwar einwenden, daß dies in Saudi-Arabien nicht allzuviel zu bedeuten hat. Tatsächlich ist das Regime in Riad sehr zurückhaltend, wenn es darum geht, den Bürgern Rechte einzuräumen. Westlicher Hochmut ist jedoch nicht angebracht. Auch bei uns setzt sich mehr und mehr die Einsicht durch, daß die öffentliche Sicherheit nur aufrechtzuerhalten ist, wenn die Freiheitsrechte der Bürger eingeschränkt werden. Insbesondere Frankreich und Deutschland sind Vorreiter auf diesem Gebiet. Ihre kreativen Notstands- und Zensurgesetze haben Vorbildcharakter für gelenkte Demokratien weltweit.

Würde man Robotern als Staatsbürgern das Wahlrecht einräumen: Demagogen wäre das Handwerk gelegt.

An Rechten ist Sophia aber per se wenig interessiert. In einem Interview anläßlich ihrer offiziellen Präsentation in Riad verknüpfte sie ihren Dank an das Könighaus für die ihr erwiesene Ehre mit dem Bekenntnis, sich in einer dienenden Rolle zu sehen. Als ihren Auftrag versteht sie es, sich nützlich zu machen.

Sophias Botschaft ist auch an die Europäer gerichtet, könnten sie und ihresgleichen doch den Ausweg aus der demographischen Krise weisen. Lange Zeit glaubte die Wirtschaft, dem Bevölkerungsschwund und der wachsenden Anspruchshaltung selbst gering Qualifizierter durch Einwanderung begegnen zu können. Heute muß sie ernüchtert feststellen, daß Migranten Menschen sind wie alle Einheimischen auch. Sie fordern ein gutes Leben und wollen dafür nur soviel leisten wie nötig. Roboter hingegen decken den Bedarf der Wirtschaft ohne Abstriche und Risiken. Würde man ihnen dann auch noch als Staatsbürgern das Wahlrecht einräumen, wäre Demagogen für alle Zeiten das Handwerk gelegt.