© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/17 / 17. November 2017

Brexit-Bestrafung kostet Deutschland unabsehbare Milliarden
Schreckensszenario
Thomas Fasbender

Sechs Verhandlungsrunden zum Brexit sind nun ergebnislos zu Ende gegangen. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, daß Großbritannien am 31. März 2019 die EU, den Binnenmarkt und die Zollunion ohne Folge- oder Übergangsabkommen verläßt. Dann treten die Regeln der Welthandelsorganisation WTO in Kraft – etwa 2,35 Milliarden Euro Zoll bei der Einfuhr deutscher Autos.

Kein Wunder, daß die europäischen Wirtschaftsverbände Alarm schlagen. Ihre Spitzen trafen sich am Montag in London mit Premierministerin Theresa May. Die Konservative hat allerdings keine schlechten Karten. Im Hochmut der Post-Brexit-Monate präsentierte die EU den Briten immer höhere Rechnungen für den Austritt. Gerade in Deutschland übertrafen Medien und Politiker sich darin, die „Brexiteers“, die Befürworter des EU-Austritts, als Dummköpfe abzutun. Und nun? Hochmut kommt immer vor dem Fall. Das letzte, was die Briten mögen, ist sich von Politikern auf dem europäischen Festland sagen zu lassen, wo es langgeht. Hinzu kommt, daß wirtschaftliche Motive bei den Brexiteers nicht im Vordergrund stehen. Vielen geht es vor allem darum, den Zuzug von Migranten wieder souverän zu gestalten. Der deutsche Export nach Großbritannien lag 2016 bei 86,1 Milliarden Euro, davon fast 21 Milliarden für Kraftfahrzeuge. Die deutschen Importe aus dem Königreich bringen es nicht einmal auf die Hälfte davon. Zudem werden die Briten nach dem Brexit rascher bezahlbare Pkw finden als die deutschen Autowerke neue Kunden.

Die Folgen der ideologischen, auf Prinzipien fixierten EU-Politik hat die europäische Wirtschaft schon nach dem Ukrainekonflikt zu spüren bekommen: fast 50 Milliarden Euro weniger EU-Exporte nach Rußland. Im Westen droht derweil ein ideologisch motivierter Handelskonflikt mit den USA. Der sich abzeichnende „harte Brexit“, der ohne die maßlosen EU-Forderungen London gegenüber vermeidbar wäre, setzt dem Ganzen nur die Krone auf.