© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/17 / 17. November 2017

Gemischte Bilanz des Reformationsjubiläums
Theologische Leerstellen
(dk)

Während Margot Käßmann, die „Lutherbotschafterin“ der EKD, erwartungsgemäß eine positive Bilanz des Reformationsjubiläums zieht und der Berliner Kirchenhistoriker Christoph Markschies, Vorsitzender der Kammer für Theologie der EKD, erst eine „gründliche Auswertung“ abwarten möchte, stuft Benjamin Hasselhorn den „geistlichen Ertrag“ der „Lutherdekade“ unumwunden als „bescheiden“ ein (zeitzeichen, 10/2017). Der Historiker, der schon über die „politische Theologie“ von Kaiser Wilhelm II. publiziert hat, war als Kurator der Nationalen Sonderausstellung „Luther! 95 Schätze – 95 Menschen“ in Wittenberg selbst maßgeblich am Versuch beteiligt, die gegenwartsorientierende Kraft von Luthers Lehre zu erschließen. Das konnte angesichts des Zustands der protestantischen Kirche kaum gelingen. Denn die EKD fülle schon seit langer Zeit ihre „theologische Leerstelle mit Politik und Moral“. „Antirassismus, gegenderte Kirchenlieder, die ‘Bewahrung der Schöpfung’“, oder die vom EKD-Vorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm gepredigte „Option für die Armen“ eröffnen jedoch keine tragfähigen geistlichen Perspektiven. Zugleich habe die zeitgeistselige akademische Theologie à la Markschies den zur Bewältigung der mit der Aufklärung einsetzenden christlichen „Umformungskrise“ (Emanuel Hirsch) nötigen „Traditionsfaden abreißen lassen“. 


 www.zeitzeichen.net