© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/17 / 01. Dezember 2017

Es geht ihm um Ideale
Laudatio auf Bruno Bandulet: Manfred Brunner würdigte das Lebenswerk eines herausragenden Publizisten
Manfred Brunner

Wie schön ist es, ungesehen zu leben, sagte die Grille, als der Schmetterling, der mit den Kindern, Sonnen-Sommerstunden tanzte, am Ende von diesen zerrissen wurde. Ungesehen lebt Bruno Bandulet nicht. Aber um das Gesehenwerdenwollen geht es einem wie ihm nicht. Es geht ihm um die Sache. Es geht ihm nicht nur um die Sache, es geht ihm um die Idee. Es geht ihm nicht nur um die Idee, es geht ihm um Ideale. (…)

 Es geht zunächst einmal um das Wort der Ehre. Ein ehrenvoller Mann, sagt ein bekanntes Zitat, „wird weder einen Wurm zertreten noch vor einem Kaiser kriechen“. Das finde ich deswegen so wichtig, weil es nicht nur die Widerspenstigkeit und die Mannhaftigkeit betont, „noch vor einem Kaiser kriechen“, sondern auch die Großzügigkeit und die Zuwendung. Es muß ja nicht nur immer ein Wurm sein, sondern es können auch Menschen sein, die einem bei der einen oder anderen politischen Auseinandersetzung sehr wurmhaft oder lindwurmhaft vorkommen. Insofern ist Bruno Bandulet nicht nur ein Konservativer, sondern auch ein Liberaler, weil er in dem anderen Menschen nicht nur das eine sieht, was der im Augenblick verkörpert, sondern bereit ist, ihn als Ganzes zu sehen und auch in seinen mißglückten Aktionen noch als ein Gegenüber, als einen Gesprächspartner, als einen, der wichtig für den Diskurs ist, anzusehen. 

Sich in fixe Ideen zu flüchten verkürzt die Perspektive, heißt es zutreffend. Und in fixe Ideen hat sich Bruno Bandulet nicht geflüchtet. Bruno Bandulet ist seit Jahrzenten dem entgegengetreten, was auch schon vor Jahrzehnten Schelsky die sozialreligiöse Herrschaft der Linksintellektuellen genannt hat. Bruno Bandulet war nicht bereit, des Kaisers neue Kleider zu loben. Diejenigen, die sich weigern, des Kaisers neue Kleider zu bestaunen und zu bewundern, werden heute ja als Populisten bezeichnet. Das Wort Populismus – darauf hat Bruno Bandulet früh hingewiesen – als Schimpfwort zu gebrauchen ist in einer Demokratie Dummheit oder Ungezogenheit. Denn so wie Humanismus Zuwendung zum Humanen, Zuwendung zum Menschen bedeutet, ist Populismus eben Zuwendung zum Volk. Und „populus“, die lateinische Bezeichnung dessen, was im griechischen „demos“ heißt, kann also in einer Demokratie nie der Feind des Staates sein. Es sind des Kaisers neue Kleider, die man statt des Volks bejubeln soll. Und schon 1992 fiel mir auf, daß dies von Bruno Bandulet, auch als ich nur von ihm Geschriebenes kannte, klar und hellsichtig verstanden worden ist. (…)

Alle, die mit ihm diskutiert haben, spürten auch immer das Wort, das einen zum Lachen anregte, das Valentin meinte: „Alle Dinge haben drei Seiten: eine konservative und richtige und eine falsche und eine komische“. Das ist eine gewisse Souveränität: wie man sich nicht verrennt in eine Weltuntergangsstimmung, sondern wie Martin Luther sagt, „wenn ich wüßte, daß morgen die Welt untergeht, würde ich noch ein Apfelbäumchen pflanzen“. Und auch wenn wir bisweilen glauben, daß die Welt politisch untergeht, so würden Bandulets in Bad Kissingen am Tag zuvor nach wie vor ihr Apfelbäumchen pflanzen und die Äpfel verschenken.