© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/17 / 01. Dezember 2017

Ländersache: Berlin
Unter den Wolken ...
Ronald Berthold

Der Alptraum um den schon jetzt zu kleinen, aber „Großflughafen“ genannten Berlin-Brandenburger Airport BER geht weiter. Gerade erst beging die Hauptstadtregion das zweifelhafte Jubiläum „2.000 Tage Nichteröffnung“. Da platzte schon die nächste Bombe um die unendliche Geschichte des Pannenflughafens. Frühestens 2021 wird hier wohl ein Linienflugzeug starten können. Wenige Wochen zuvor hieß es noch, der Airport werde 2019 in Betrieb gehen.

Doch diese Hoffnung beruhte auf den Einschätzungen des neuen Vorsitzenden der Geschäftsführung der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH, Engelbert Lütke Daldrup. Der SPD-Politiker hatte das Amt erst im Frühjahr angetreten. Zuvor saß der 61jährige als Staatssekretär bei seinem Parteigenossen, dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller. Lütke Daldrups Optimismus war – wie der seiner Vorgänger – wieder einmal völlig unbegründet und gehörte in die Rubrik Wahlversprechen zum Volksentscheid um den Flughafen Tegel. Der laienhaften politischen Prognose nahmen nun die Fachleute den Wind aus den Segeln. Der TÜV schaute sich kürzlich auf der wohl berüchtigsten Baustelle Deutschlands um und kam zu niederschmetternden Ergebnissen.

Die Prüfer gewannen für den aktuellen Lagebericht für die oberste Bauaufsicht Brandenburgs die Erkenntnis, daß vor den Toren Berlins noch mehr im argen liegt, als selbst Pessimisten befürchteten. Weiterhin hakt es an den technischen Systemen, darunter immer noch an der Brandschutzanlage. Dies war zuletzt der Grund, die Eröffnung erneut zu verschieben. Offenbar ist seitdem mehr verschlimmbessert als optimiert worden. So gut wie nichts funktioniert.

Es hapert bei der Entrauchungssteuerung, den Sprinkler- und Brandmeldeanlagen, den elektroakustischen Notwarnsystemen sowie der Sicherheitsbeleuchtung. Eine „Wirksamkeit und Betriebssicherheit“ sei „nicht gegeben“, urteilt der TÜV. Das Unternehmen hatte zehn Anlagen geprüft. In sechs davon wurden „wesentliche Mängel“ festgestellt. Und: „In allen weiteren Anlagengruppen wurden weitere Mängel festgestellt.“ Der TÜV spricht von „systemischen Mängeln“, die auf andere Bereiche des Flughafens übertragen werden können. Es geht also nicht um Details, sondern das große Ganze. Es stimmt vorn und hinten nicht.

Der erst im September aufgestellte neue Rahmenterminplan sieht ein Ende aller Bauarbeiten bis zum 31. August 2018 vor. Das scheint nun Makulatur. Ganz offensichtlich wird jetzt, daß die politische Führung, die einst glaubte, einen Flughafen besser als ein Privatunternehmen planen und bauen zu können, weiterhin auf ganzer Linie versagt. Und das hat Folgen für die Steuerzahler. Ursprünglich waren Kosten von 2,5 Milliarden Euro für die Errichtung des BER eingeplant. Nach der gescheiterten Eröffnung entwickelte sich das Projekt zu einem Faß ohne Boden. Weitere 3,3 Milliarden Euro sind seitdem versickert, ohne daß es essentielle Fortschritte gab. Insgesamt haben sich bereits sechs Eröffnungstermine in Luft aufgelöst.

Niemand weiß, wieviel Geld noch gebraucht wird. Möglich ist aber, daß auch 2021 keine Inbetriebnahme gefeiert werden wird. Wenn sich die Unfähigkeit fortsetzt, werden Berlin und Brandenburg dann das demütigende Jubiläum „3.500 Tage Nichteröffnung“ begehen.