© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/17 / 01. Dezember 2017

Frisierte Geburtstage
Zuwanderung: Fast die Hälfte aller unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in Jugendhilfeeinrichtungen ist in Wahrheit älter als 18 Jahre
Peter Möller

Jugendliche aus dem arabischen Raum und aus Afghanistan reifen deutlich früher als ihre Altersgenossen in Europa. Diesen Eindruck bekommt, wer sich näher mit den sogenannten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen beschäftigt, die nach Deutschland gekommen sind. Viele dieser angeblichen Jugendlichen sehen häufig bereits sehr erwachsen aus. Und das ist offenbar auch kein Zufall. 

Die Zahl unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge hat seit 2015 deutlich zugenommen, wie sich an der Belegung von Kinder- und Jugendheimen und ähnlicher Betreuungseinrichtungen ablesen läßt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden ordneten die Jugendämter im vergangenen Jahr für 53.300 Kinder und Jugendliche eine Erziehung in einem Heim oder in einer anderen betreuten Wohnform an. Das waren 20 Prozent mehr neue Betroffene als 2015 und 50 Prozent mehr als 2014. Die meisten stammten aus Afghanistan, Syrien und dem Irak. „Ein Grund für das Plus dürfte die hohe Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge der letzten Jahre sein“, teilte die Behörde mit. Besonders auffällig: Der deutliche Anstieg bei männlichen Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren: Die Zahl der neubegonnenen Heimerziehungen stieg von 7.000 im Jahr 2014 über 14.400 Fälle 2015 auf 21.600 im vergangenen Jahr.

Neue Zahlen des Bundesfamilienministeriums bestätigen jetzt den Verdacht, daß viele der angeblich minderjährigen Flüchtlinge in Wahrheit wesentlich älter sind und sich als Jugendliche ausgebeben, um ihre Chancen auf ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu verbessern. Nach Angaben des Ministeriums seien 43 Prozent der betreffenden angeblichen Jugendlichen tatsächlich älter als 18 Jahre, berichtet die Welt. Demnach waren zum Stichtag 8. November von den insgesamt 55.890 Ausländern „in jugendhilferechtlicher Zuständigkeit“ 24.116 sogenannte junge Volljährige. In manchen Bundesländern sei sogar die Mehrheit der als „unbegleitete Minderjährige“ registrierten Flüchtlinge erwachsen. So seien in Hessen von rund 5.500 Personen rund 2.900 junge Volljährige gewesen, wie das hessische Sozialministerium mitteilte. Nach Schätzungen von Erziehern seien viele der „minderjährigen“ Flüchtlinge, die ohne Eltern nach Deutschland kommen, durchschnittlich fünf bis acht Jahre älter als von ihnen angegeben.

Volljährigkeit könnte     nachgewiesen werden

Die zuständigen rund 600 Jugendämter in Deutschland machen es den Betreffenden leicht zu betrügen. Denn nur selten wenden die Behörden verläßliche Methoden an, mit denen das Mindestalter der jugendlichen Flüchtlinge bestimmt werden kann. „In meinen Augen haben es in Deutschland einige Kinderärzte leider geschafft, das öffentliche Bild der Altersdiagnostik negativ zu prägen. Es ist durchaus möglich, mit wissenschaftlich gesicherten Methoden Volljährigkeit zweifelsfrei nachzuweisen“, sagte der Münsteraner Rechtsmediziner Andreas Schmeling der Welt. Andere Länder wie etwa Österreich sind dabei weniger zurückhaltend.

Neben den zahlreichen falschen Altersangaben bei jungen Flüchtlingen bereitet auch eine andere Zahl den Behörden zunehmend Sorgen. Denn offenbar versuchen immer mehr Ausländer per Flugzeug mit gefälschten Pässen nach Deutschland einzureisen. Bei stichprobenartigen Kontrollen an den Flughäfen habe die Bundespolizei in den ersten zehn Monaten dieses Jahres rund 1.000 unerlaubte Einreisen aus Griechenland festgestellt, berichteten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Das sei laut Bundesinnenministerium „ein Vielfaches mehr als auf allen anderen Binnenflügen“ in der EU. Nachdem die Bundespolizei mehrfach die griechischen Behörden alarmiert habe, würden von allen Flugpassagieren aus Griechenland auf Anweisung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bereits seit dem 12. November regelmäßig die Pässe und Ausweise überprüft.

Unterdessen hat sich de Maizière angesichts der ausstehenden Regierungsbildung dafür ausgesprochen, die Aussetzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutzstatus, die bis März kommenden Jahres befristet ist, zu verlängern. „Ich hoffe jedenfalls, daß wir noch einen Weg finden, daß das jetzige Gesetz nicht einfach ausläuft“, sagte der Minister den Zeitungen des Redaktionsnetzwerkes Deutschland. Unterstützung bekam der CDU-Politiker dafür von der AfD. „Wenn der Bundestag nicht rasch handelt, dann öffnen sich automatisch die Schleusen für den Familiennachzug“, warnte die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel.