© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/17 / 08. Dezember 2017

Ländersache: Saarland
Oskar und die roten Glücksritter
Christian Schreiber

Oskar Lafontaine ist tatsächlich mal wieder aufgetaucht. Der Landtag im Saarland befaßte sich gerade mit dem Haushaltsentwurf für das Jahr 2018. Und der 74jährige, der das kleinste Flächenland der Republik zwischen 1985 und 1999 mit harter Hand regierte, hielt eine Rede. 

Ansonsten ist es ziemlich still um ihn geworden. In den Wirren um eine Koalitionsbildung auf Bundesebene ist ein Satz Lafontaines völlig untergegangen. Mehr als zwölf Jahre nach seinem Austritt aus der SPD zweifelt er daran, ob dieser Schritt richtig war. Er stelle sich manchmal die Frage, ob er innerhalb der SPD mehr hätte bewirken können, sagte Lafontaine in einem Interview mit der Saarbrücker Zeitung. „Aber das ist vergossene Milch.“ Es gibt seit längerem das Gerücht, daß Lafontaine eine Versöhnung mit der SPD anstrebe. Bei den Landtagswahlen im vergangenen Frühjahr hatte er offensiv für ein rot-rotes Bündnis geworben und während des Wahlkampfs auf Angriffe auf die SPD verzichtet. Am Ende brachte auch dieses Einlenken nichts. Seine Linkspartei verlor viele Prozentpunkte, die SPD wurde nur zweitstärkste Kraft. Nun räumte er ein, daß die Linke ihr Ziel nicht erreicht habe, die SPD zu einer Kurskorrektur zu bringen. Deren Niederlage bei der Bundestagswahl habe ihn dennoch geschmerzt. 

„Ich will politisch etwas verändern. Und wenn die Kräfte, die für diese politischen Veränderungen gebraucht werden, an Einfluß verlieren, ist das ein bedauernswerter Rückschlag.“ Rückschläge gab es zuletzt auch im Saarland. Lafontaines Heimatverband war der einzige im Westen, der zweistellige Ergebnisse liefern konnte. Doch einen populären Nachfolger konnte er nicht aufbauen. Ende November kam es zum Schlagabtausch. Auf einem Landesparteitag flogen die Fetzen. Die Landesvorsitzende Astrid Schramm, eine Vertraute Lafontaines, warf hin. Zuvor hatte ihr Streit mit dem Bundestagsabgeordneten Thomas Lutze landesweit für Aufsehen gesorgt. Der Ton ist rauh in der ehemaligen Bergbauregion. Da ist von „Alkoholikern und Asozialen“ die Rede, die Lutze in die Partei eingeschleust habe, um sich seine Bundestagskandidatur zu sichern. Immerhin ein Drittel der Parteimitglieder zahlt derzeit keinen Beitrag. Es sei schwer feststellbar, wer eigentlich „wissentlich  und willentlich“ Mitglied der Partei sei, mußte Schramm schließlich einräumen. 

Lafontaine hatte, als er die SPD verließ, viele Ex-Sozis mit zu den Linken genommen. Darunter waren viele Leute aus der mittleren Funktionsschiene. Einige haben die Lust verloren, nachdem sich die Aussicht auf Mandate nicht erfüllt hatte. An ihre Stelle traten Glücksritter und  Querulanten. Ein regionaler Funktionär bezeichnete den Bundesparteichef Bernd Riexinger kürzlich bei Facebook als „hinterlistigen Juden“. Seine erstaunliche Rechtfertigung: Die Autokorrektur sei schuld, er habe Judas schreiben wollen. 

Neuer Chef der Saar-Linken ist übrigens Jochen Flackus. Der war schon mal Staatssekretär unter Lafontaine und wurde von diesem auf einen sicheren Listenplatz zur Landtagswahl gehievt. Ansonsten wäre der Altmeister gar nicht mehr angetreten. Nun überläßt er seinem Gefolgsmann  die Arbeit in Fraktion und Partei. Die Auseinandersetzung auf dem Parteitag mied Lafontaine übrigens. Der Fraktionsvorsitzende erschien einfach nicht. Er sei „zu traurig“, hieß es aus seinem Umfeld.