© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/17 / 08. Dezember 2017

Grüße aus Santiago de Cuba
Beifall für Castro
Alessandra Garcia

Unter uns grummelt es. Einerseits ist das Warenangebot selbst in den teuren Devisen-Lebensmittelgeschäften merklich geschrumpft, andererseits sind offensichtlich gut informierte Privatleute immer dann vor Ort, wenn Ware angeliefert wird, um sich kistenweise mit Bier, Käse und Wurst für ihre Restaurants und Pensionen einzudecken. Den Touristen ist es egal, daß sie für alles völlig überzogene Preise bezahlen müssen.

Uns, die in den Nicht-Devisen-Geschäften einkaufen, könnte das egal sein, wenn sich nicht damit die Schere zwischen einer kleinen, sehr gut verdienenden Schicht aus Haus-, Restaurant- und Autobesitzern auf der einen und einer knapp am Existenzminimum lebenden Mehrheit auf der anderen Seite immer weiter öffnen würde. Die Gutverdienenden sorgen auch dafür, daß die Korruption im Alltag immer spürbarer wird. Wer reich ist, weiß, wie er mit einem Fünf- oder Zehn-Peso-Schein der konvertiblen Währung rasch einen Behördenstempel für einen verbotenen Neubau oder rasch einen notwendigen Arzttermin erhält. Für die Alten sind zehn konvertible Peso die monatliche Rente.

Allerdings sind dies alles Gewinne, die zu Lasten der Allgemeinheit gehen.

Das Grundproblem: Privates Unternehmertum sehen die kubanischen Gesetze eigentlich nicht vor. Als es aus wirtschaftlicher Not zugelassen wurde, schaffte es der Staat nicht, ein wirksames Steuersystem in Kraft zu setzen. Stattdessen ließ man die Kleinunternehmer machen und versuchte dann, per Gesetz nachzusteuern, was natürlich bis heute nicht funktioniert. Das erklärt die enormen Gewinne, die auf Kuba derzeit alle machen können, die über ausreichend Startkapital und Phantasie verfügen, die Gesetze weit auszulegen. Allerdings sind es Gewinne zu Lasten der Allgemeinheit.

Präsident Raul Castro soll der Geduldsfaden gerissen sein, als er hörte, daß in Havanna eine Privatperson fünf Devisen-Restaurants betreibt, obwohl laut Gesetz nur eins zulässlig ist. Die Regierung untersagte daraufhin, daß bis auf weiteres neue Lizenzen für Pensionen, Restaurants, Diskotheken, Taxis und Verkaufsstände – eben für alle Tätigkeiten, bei denen sich schnell Devisen verdienen lassen – vergeben werden. Man müsse über die Situation neu nachdenken und Möglichkeiten finden, die privaten Geschäfte in geordnete Bahnen zu lenken, hieß es in der kommunistischen Tageszeitung Granma. Als unser Präsident des Revolutionskomitees auf der monatlichen Straßenversammlung diese Passage vorlas, erhielt er spontanen Beifall. Davon war er selbst überrascht.