© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/17 / 08. Dezember 2017

Blick in die Medien
Bitte weniger Kleberisierung
Tobias Dahlbrügge

Als der Humorist Loriot 1979 in der TV-Talksendung „3 nach 9“ deutlich forderte, Fernsehjournalisten sollten endlich aufhören, ihre persönliche politische Anschauung in die Berichterstattung einfließen zu lassen, lachte Moderatorin Marianne Koch, als habe Loriot etwas Dummes gesagt und entgegnete, das sei ganz unmöglich.

Bis heute haben deutsche Journalisten nicht gelernt, Nachricht und Kommentar klar zu trennen. Im Gegenteil: Unverhohlene Parteinahme ist gerade bei den öffentlichen-rechtlichen Anstalten eher die Regel als die Ausnahme.

„Ist das ARD-Hauptstadtstudio eigentlich schon ins Willy-Brandt-Haus umgezogen?“

 Jüngstes Beispiel liefert die Leiterin des ARD-Hauptstadtstudios, Tina Hassel. Auf ihrem TwitterAccount kommentiert sie lebhaft das politische Geschehen und zeigt dabei deutliche Affinität zu rot-grünen Positionen. Während der Jamaika-Sondierungen zu einer Obergrenze posaunte sie ein „Asyl kennt keine Grenzen!“ heraus. CDU-Politikern wünschte sie, daß jedem das „Wort im Hals steckt, wenn er Familie spricht“, falls der „Familiennachzug an CDU scheitert“. Und aktuell zum „Glyphosat-Coup“ fragte sie: „Ist Merkel stiller Komplize? Oder ohne Autorität, das zu verhindern?“

Nun läßt sich sicher einwenden, daß Twitter kein politisches Medium ist und Frau Hassel natürlich eine private politische Meinung haben darf. Aber sollte sie dann ihr Profil mit einem Bild des Hauptstadtstudios samt ARD-Logo versehen und stolz mit „Hier twittert Tina Hassel, Leiterin des ARD-Hauptstadtstudios“ betiteln?

Auf ihrem Zwitscherkanal bekommt sie dafür reichlich Gegenwind: „Ist das eine private Aussage oder eine ihrer beruflichen Funktion? Das kann man schwer unterscheiden.“ Oder: „Ist das der Sendungsauftrag des Staatsfunks?“ Selbst Jasper von Altenbockum von der FAZ fragte schon irritiert auf Twitter: „Ist das ARD-Hauptstadtstudio eigentlich schon ins Willy-Brandt-Haus umgezogen? Oder umgekehrt?“