© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/17 / 08. Dezember 2017

Umwelt
Auswandern unmöglich
Volker Kempf

Im Jahr 2017 gab der Astrophysiker Stephen Hawking der Menschheit noch hundert Jahre Zeit zum Überleben. Untergangsszenarien sind nicht neu. Karl Popper räumte die Möglichkeit ein, daß die Menschheit an einem Virus zugrunde gehen könnte. Ein Meteorit könnte der Menschheit ebenfalls den Rest geben. Das bleibt aber alles im Konjunktiv. Hawking bringt aber auch eine berechenbarere Variable ins Spiel: das Bevölkerungswachstum. Laut Uno-Prognosen leben im Jahre 2100 über elf Milliarden Menschen auf der Erde. Es wird enger, die Ressourcen werden knapper, militärische Konflikte im globalen Maßstab wahrscheinlicher. Die Menschheit befindet sich mit der Erde auf einer Fahrt durch das All. Aber wohin? Ins Nichts? Ganz so weit geht Hawking nicht. Menschen könnten auch auf einem fernen Planeten in fremden Sonnensystemen überleben.

Gedanke an eine

Besiedlung des Weltalls für einen Astrophysiker naheliegend.

Der Energieaufwand wäre aber so groß, daß die Menschheit alles an verfügbarer Energie in solche Projekte investieren müßte. Das würde die Energiekonflikte forcieren, die es gerade zu vermeiden gilt – ein Widerspruch. Die weniger energieaufwendige Variante wäre eine Besiedlung des Nachbarplaneten Mars. Aber das Klima auf dem Mars ist sicher nicht besser als auf der Erde. Was bleibt? Angesichts des Bevölkerungswachstums mag der Gedanke an eine Besiedlung des Weltalls für einen Astrophysiker naheliegend sein. Das folgt dem alten Muster. Wurde es zu eng, wanderten die Völker auch früher schon weiter und entdeckten neue Welten und Kontinente. Aber das Weltall entdecken und besiedeln? Das ist dann doch etwas anderes. Die Grenzen des Wachstums auf Erden zu mißachten läßt die Naturgesetze zuschlagen. Dem muß sich die Spezies Mensch stellen – oder sie müßte es, tut es aber an ihrer Vermehrung gemessen nicht. Das ist das Beunruhigende: daß Hawkings Szenarien nicht alle aus dem luftleeren Raum gegriffen sind.