© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 52/17-01/18 22. Dezember / 29. Dezember 2017

Nach der Wende
Chronik des Jahres 2017: Die Erfolge der AfD haben das politische System der alten Bundesrepublik ordentlich durcheinandergewirbelt

Januar

1. Januar: In der Silvesternacht kommt es in einem türkischen Nachtclub zu einem islamistischen Terroranschlag mit 37 Toten.

1. Januar: Die Polizei ist in Köln mit einem massiven Polizeiaufgebot präsent, um sexuelle Übergriffe wie im Vorjahr zu verhindern. Kritik kommt von den Grünen.

10. Januar: Deutschlands siebter Bundespräsident, Roman Herzog (CDU), stirbt mit 82 Jahren.

14. Januar:  Erika Steinbach gibt ihren Austritt aus der CDU bekannt und schießt gegen Angela Merkel. Sie will die AfD unterstützen.

17. Januar:  Das Bundesverfassungsgericht gibt dem Antrag des Bundesrats für ein NPD-Verbot nicht statt. Die Partei sei zwar „verfassungsfeindlich“, könne die freiheitliche demokratische Grundordnung derzeit aufgrund ihrer Schwäche jedoch nicht ernsthaft bedrohen.

17. Januar:  Thüringens AfD-Landeschef Björn Höcke hält in Dresden eine Rede, in der er das Holocaust-Mahnmal ein „Denkmal der Schande“ nennt. Die Rede sorgt innerparteilich wie öffentlich für viel Wirbel.

20. Januar:  Donald Trump wird als 45. US-Präsident vereidigt. Seine Antrittsrede steht unter dem Motto „America first“.

29. Januar:  Bei einem Anschlag auf das Islamische Kulturzentrum in Québec werden sechs Menschen getötet und siebzehn weitere verletzt. Täter ist der mutmaßlich rechtsextreme Alexandre Bissonnette.





Februar

12. Februar: Die Bundesversammlung wählt Frank-Walter Steinmeier zum neuen Bundespräsidenten. Erstmals nimmt auch die AfD im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes Platz. Ihr Kandidat Albrecht Glaser kann 42 Stimmen auf sich vereinen.

13. Februar: Der AfD-Bundesvorstand beschließt die Einleitung eines Parteiausschlußverfahrens gegen Björn Höcke wegen dessen Dresdner Rede.

27. Februar: In Berlin werden zwei Männer wegen eines illegalen Autorennens mit Todesfolge zu lebenslanger Haft verurteilt.





März

5. März: Staatspräsident Recep T. Erdogan wirft Deutschland vor, „Nazi-Methoden“ anzuwenden. Er zeigt sich empört über Auftrittsverbote türkischer Minister.

15. März: Ein an Finanzminister Schäuble adressiertes Paket mit Sprengstoff wird im Ministerium sichergestellt. Hinter dem Anschlagsplan steckt eine linksextreme Gruppe aus Griechenland.

15. März: Die Partei des Ministerpräsidenten Mark Rutte (VVD) wird bei der niederländischen Parlamentswahl mit 21,3 Prozent stärkste Kraft. Islamkritiker Geert Wilders belegt mit13,1 Prozent Platz zwei. 

19. März: SPD-Parteitag: Martin Schulz wird einstimmig zum Parteivorsitzenden und Kanzlerkandidaten gekürt.

22. März: Der Bundestag beschließt die Rehabilitierung von aufgrund des Paragraphen 175 verurteilten Homosexuellen.

22. März: Im Herzen Londons tötet der islamistisch inspirierte Khalid Masood bei einer Amokfahrt vier Menschen und verletzt über vierzig weitere Passanten.

26. März: Bei der Landtagswahl im Saarland wird die CDU von Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer deutlich stärkste Kraft (40,7 Prozent). Die SPD schneidet schlechter ab als erwartet (30 Prozent). Drittstärkste Kraft wird die Linke mit 12,9 Prozent. Die AfD kommt auf 6,2 Prozent. Grüne und FDP schaffen den Einzug nicht.

29. März: Die britische Premierministerin Theresa May beantragt die Einleitung der Austrittsphase ihres Landes aus der EU; der Anfang des Brexit.





April

3. April: Bei einem islamistischen Bombenanschlag auf die St. Petersburger U-Bahn gibt es 14 Tote, 49 werden verletzt.

7. April: Laut einer Umfrage sehen 54 Prozent der Deutschen das Land angesichts des Migrantenzustroms an der Belastungsgrenze.

16. April: Verfassungsreferendum in der Türkei: 51,4 Prozent votieren für die Einführung einer Präsidialdemokratie.

20. April: Ein islamistischer Attentäter greift auf den Champs-Élysées mehrere Polizeibeamte mit einer Schußwaffe an und erschießt einen von ihnen.

22./23. April: Frauke Petry scheitert auf dem AfD-Parteitag mit ihrem „Zukunftsantrag“. Alexander Gauland und Alice Weidel werden Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl. 

25. April: Israels Premierminister Benjamin Netanjahu sagt ein Treffen mit Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) ab. Dieser hatte sich geweigert, Besuche bei linken israelischen NGOs zu unterlassen.

27. April: Der Bundeswehroffizier Franco A. wird wegen Terrorverdachts festgenommen. Der Fall löst eine Debatte über die Traditionspflege der Bundeswehr aus. Kritiker werfen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) Bilderstürmerei vor.





Mai

7. Mai: Landtagswahl in Schleswig-Holstein: Die SPD (27,2 Prozent) bleibt hinter der CDU (32 Prozent) zurück. Die Grünen kommen auf 13 Prozent , die FDP auf 11,5 Prozent. Die AfD erhält 5,9 Prozent. Daniel Günther (CDU) bildet anschließend eine Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen. 

7. Mai: Präsidentschaftswahl in Frankreich: Emmanuel Macron wird mit 66,1 Prozent ins Amt gewählt. Marine le Pen holt mit 33,9 Prozent das beste Front-National-Ergebnis aller Zeiten.

14. Mai: Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen: Die SPD (31,2 Prozent) verliert ihr Stammland an die CDU (33 Prozent). Die FDP erzielt 12,5 Prozent. Die AfD kommt auf 7,4 Prozent, die Grünen auf 6,3 Prozent. Die Linkspartei verfehlt den Einzug knapp (4,9 Prozent ). Neuer Ministerpräsident einer schwarz-gelben Regierung wird Armin Laschet (CDU).

16. Mai: Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), erklärt, eine spezifisch deutsche Kultur sei jenseits der Sprache „schlicht nicht identifizierbar“.

22. Mai: In Manchester reißt ein islamistischer Selbstmordattentäter während eines Popkonzerts 22 Menschen mit in den Tod, 166 werden verletzt.

30. Mai: Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering tritt aufgrund einer Krebserkrankung zurück. Manuela Schwesig folgt ihm nach.





Juni

1. Juni: US-Präsident Donald Trump verkündet den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen. 

3. Juni: Drei islamistische Terroristen töten mit einem Lieferwagen drei Fußgänger auf der London Bridge. Danach erstechen sie auf einem nahe gelegenen Markt fünf Menschen und verletzten insgesamt 48.

8. Juni: Unterhauswahl in Großbritannien: Die Tories um Theresa May verlieren die absolute Mehrheit. Dennoch bleibt sie Premierministerin.

16. Juni: Deutschlands sechster Bundeskanzler, Helmut Kohl (CDU), stirbt mit 87 Jahren.

18. Juni: Wahl der Nationalversammlung in Frankreich: Emmanuel Macron holt mit „La République en Marche!“ die absolute Mehrheit.

29. Juni: Die Bundesregierung untersagt einen Auftritt Erdogans in Deutschland vor dem G20-Gipfel.

30. Juni: Bundestagsentscheidungen: „Öffnung“ der Ehe für homosexuelle Paare und Verabschiedung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes gegen „Hate-Speech“ im Netz.





Juli

1. Juli: Die Österreichische Volkspartei (ÖVP) macht den 30jährigen Außenminister Sebastian Kurz zu ihrem neuen Parteivorsitzenden. Der kündigt eine Erneuerung der Parteistrukturen an.

6. – 8. Juli: G20-Gipfel in Hamburg: Es kommt zu massiven linksextremen Ausschreitungen. 231 Polizisten werden verletzt, 186 Randalierer festgenommen.

22. Juli: Der polnische Senat verabschiedet eine umstrittene Justizreform. Die EU leitet ein Vertragsverletzungsverfahren ein. Sie befürchtete eine Einschränkung der Gewaltenteilung.

24. Juli: Die nordrhein-westfälische AfD erhebt Einspruch gegen das Landtagswahlergebnis. Zuvor war bekanntgeworden, daß es in einem Wahlbezirk zu massivem Wahlbetrug gekommen war.

26. Juli: Beim Absturz eines Tiger-Kampfhubschraubers der Bundeswehr in Mali kommen zwei Offiziere ums Leben.

28. Juli: Ein Palästinenser attackiert in einem Hamburger Supermarkt Personen mit einem Messer: ein Toter.





August

9. August: Donald Trump droht Nordkorea mit „Feuer und Zorn“. Das stalinistische Regime läßt seinerseits verlauten, man ziehe einen Angriff auf die US-Pazifikinsel Guam „ernsthaft in Erwägung“.

9. August: Im Pariser Vorort Levallois-Perret fährt ein 36jähriger Algerier vorsätzlich in eine Gruppe Soldaten der „Opération Sentinelle“ (Operation Wache), die seit dem Anschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo im Januar 2015 öffentliche Einrichtungen beschützen. Sechs Soldaten wurden dabei verletzt, drei von ihnen schwer.

12. August: In Charlottesville fährt am Rande einer Demo mit Neonazis ein von dem mutmaßlich rechtsextremen James Fields gesteuerter Wagen in eine Gruppe von Gegendemonstranten. Die 32jährige juristische Hilfskraft Heather Heyer wird getötet. Für Empörung sorgt, daß US-Präsident Trump anmerkt, es habe Gewalt „von vielen Seiten“ gegeben.

15. August: Air Berlin meldet Insolvenz an. 

17. August: Terroranschlag einer 12köpfigen islamistischen Terrorzelle in Barcelona. Mit einem Lieferwagen töten sie auf der Flaniermeile Las Ramblas 13 Menschen, rund 100 werden zum Teil lebensgefährlich verletzt. Wenige Stunden darauf erschießt die Polizei im Küstenort Cambrils südlich von Barcelona fünf Terroristen, die auf der Promenade mit Messern und Äxten eine Frau getötet hatten.

18. August: Ein Marokkaner greift auf einem Markt in Turku (Finnland) Menschen mit einem Messer an. Bei der Attacke sterben zwei Personen, sechs weitere werden verletzt.





September

3. September: Nordkorea meldet den erfolgreichen Test einer Wasserstoffbombe.

8. September: Polens Ministerpräsidentin Beata Szydlo bekräftigt Reperationsforderungen ihres Landes gegenüber Deutschland. 

12. September: Der ehemalige CDU-Generalsekretär Heiner Geißler stirbt mit 87 Jahren.

15. September: Bei einem islamistischen Terroranschlag in der Londoner U-Bahn werden 30 Menschen verletzt.

19. September: Donald Trump droht Nordkorea mit „totaler Zerstörung“. 

24. September: Bundestagswahl: Die AfD zieht mit 12,6 Prozent erstmals in das bundesdeutsche Parlament ein. In Sachsen wird sie sogar stärkste Kraft. Die Union verliert massiv an Rückhalt (33 Prozent). Die SPD fährt das schlechteste Bundestagswahl-Ergebnis ihrer Geschichte ein (20,5 Prozent). Die FDP meldet sich mit einem zweistelligen Ergebnis wieder zurück (10,7 Prozent). Die Linke kommt auf 9,2, die Grünen auf 8,9 Prozent.  

25. September: Der Präsident der kurdischen Region im Irak, Masud Barzani, hatte am 7. Juni ein Unabhängigkeitsreferendum angekündigt.  Am 25. September votieren 92,3 Prozent der Wähler für eine Abspaltung vom Irak. Die Regierung läßt Kirkuk besetzen. Am 1. November tritt Barzani von seinem Amt zurück 

30. September: AfD-Bundessprecherin Frauke Petry tritt aus der Partei aus, nachdem sie bereits am 25. September angekündigt hatte, nicht Mitglied der neuen AfD-Bundestagsfraktion zu werden. Mit Mario Mieruch folgt ihr später ein weiterer Bundestagsabgeordneter. In Sachsen treten neben Petry vier weitere Abgeordnete aus der Landtagsfraktion aus. Auch Petrys Ehemann Marcus Pretzell verläßt Partei und Fraktion und nimmt zwei Mitstreiter mit. Es wird bekannt, daß ein Vertrauter Petrys dem Bundeswahlleiter bereits vor der Wahl die Gründung einer neuen „blauen Partei“ angezeigt hatte.





Oktober

1. Oktober: Katalanisches Unabhängigkeitsreferendum: 90 Prozent der Wähler votieren für eine Unabhängigkeit von Spanien. Die Wahlbeteiligung betrug 42 Prozent. Die Zentralregierung hatte versucht, die als illegal angesehene Abstimmung zu verhindern.

11. – 15. Oktober: Auf  der Frankfurter Buchmesse protestieren linke Gruppen gegen „rechte Verlage“. Vor allem beim Antaios-Verlag eskaliert die Situation mehrfach. So wird z.B. der Stand komplett leergeräumt.

12. Oktober: Ein Sonderermittler attestiert den Behörden im Fall des Weihnachtsmarkt-Attentäters Anis Amri kapitale Fehler.

15. Oktober: Landtagsneuwahlen in Niedersachsen: Die SPD wird stärkste Kraft (37 Prozent). Die CDU bleibt hinter den eigenen Erwartungen zurück (33,6 Prozent). Die Grünen kommen auf 8,7 Prozent, die FDP auf 7,5 Prozent. Die AfD erreicht 6,2 Prozent. Die Linkspartei verpaßt erneut den Einzug in den Landtag (4,6 Prozent).

15. Oktober: Nationalratswahl in Österreich: Die neue Volkspartei von Außenminister Sebastian Kurz gewinnt die Wahl mit 31,47 Prozent.  Die SPÖ (26,86) liegt knapp vor der FPÖ, die mit 25,97 Prozent Platz drei belegt. Die Grünen fliegen aus dem Parlament.

18. Oktober: Sachsens CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich tritt als Konsequenz aus dem schwachen Abschneiden seines Landesverbandes bei der Bundestagswahl von Partei- und Staatsämtern zurück. Er schlägt Michael Kretschmer als seinen Nachfolger vor.

24. Oktober: Einen Monat nach der Wahl konstituiert sich der neue Bundestag. Wolfgang Schäuble wird zum Parlamentspräsidenten gewählt. Der Kandidat der AfD für den Vize-Posten, Albrecht Glaser, fällt in drei Wahlgängen durch.

31. Oktober: Der Usbeke Sayfullo Saipov tötet mit einem Pick-up in Manhattan acht Menschen. 





November

1. November: Ein Polizeiausbilder beklagt katastrophale Zustände bei der Berliner Polizei. Viele Polizeischüler mit Migrationshintergrund seien „dumm“, „frech wie Sau“ und könnten sich nicht artikulieren.

8. November: Das Bundesverfassungsgericht urteilt, daß neben „männlich“ und „weiblich“ künftig auch ein dritter, „diverser“ Geschlechtseintrag für intersexuelle Menschen im Geburtenregister möglich sein muß.

15. November: In einer Volksbefragung  sprechen sich 61,6 Prozent der Australier für die gleichgeschlechtliche Ehe aus.

21. November: Nach einer vierwöchigen Sondierungsphase kündigt die FDP um Mitternacht an, keine Jamaika-Koalition mit CDU/CSU und Grünen eingehen zu wollen. „Den Geist des Sondierungspapiers können und wollen wir nicht verantworten“, verkündet FDP-Chef Christian Lindner.

21. November: In den ersten Bundestagssitzungen führt die Anwesenheit der AfD zu teilweise lebhaften Debatten.

24. November: In der SPD mehren sich die Stimmen, die fordern, doch wieder in eine Große Koalition mit CDU und CSU einzutreten. Parteichef Martin Schulz spricht von einem entsprechenden „dramatischen Appell“ des Bundespräsidenten und kündigt an, die Parteibasis zu Rate zu ziehen, wenn „wir uns in welcher Form auch immer an einer Regierungsbildung beteiligen“.

24. November: Militante Islamisten verüben einen Anschlag auf die Al-Rawda-Moschee im Norden des Sinai. Über 300 Besucher sterben. 





Dezember

4. Dezember: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) kündigt seinen Rücktritt für Anfang 2018 an. Als Nachfolger ist der derzeitige bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) vorgesehen.

5. Dezember: Der österreichische Verfassungsgerichtshof hat den Weg für die „Ehe für alle“ freigemacht. Ab dem 1. Januar 2019 dürfen somit auch gleichgeschlechtliche Paare in der Alpenrepublik heiraten.

7. Dezember: Die islamistische Terrororganisation Hamas ruft zu einer neuen Intifada gegen Israel auf. Laut Hamas-Führer Ismail Hanija sei US-Präsident Trumps Entscheidung, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, eine „Kriegserklärung gegen die Palästinenser“.

13. Dezember: Der Sächsische Landtag wählt Michael Kretschmer (CDU) zum neuen Ministerpräsidenten.

18. Dezember: Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen ernennt die schwarz-blaue Bundesregierung unter Sebastian Kurz  (ÖVP) und Heinz-Christian Strache (FPÖ).           (ser, ctw, vo)