© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 52/17-01/18 22. Dezember / 29. Dezember 2017

Grüße aus Rom
Glaube vor Politik
Paola Bernardi

Mag die EU auch Rom wegen der hohen Schulden unter Beobachtung stellen, wer jetzt in der Weihnachtszeit die italienische Hauptstadt besucht, erlebt eine funkelnde und strahlende Metropole im Lichterglanz. So als wollten alle nur dem „Santo Bambino“ in voller Pracht und Fülle huldigen.

 „Bella figura“ beherrschen die Italiener ganz besonders gut in Krisenzeiten. Rund um die Via dei Condotti, die römische Nobelstraße zwischen Piazza del Popolo und Piazza di Spagna, liegt das reinste Weihnachtsparadies mit den Luxusläden: von Hermès über Bulgari und Cartier bis Armani und Gucci. Ein Märchenland: Marmor, Messing und sanftes Licht. Schön und andächtig wie in der Kirche.

 Die kirchliche Idylle entgeht aber nicht den Folgen des Richtungskampfes in der Kirche.

Weihnachtsbäume erstrahlen in Silber und Gold, und silberne und weiße Dekorationen schmücken Palazzi und überspannen die Straßen. In den Seitengassen verdecken rote Teppiche das holprige Pflaster, und Talglichter geben zusätzliche Weihnachtsstimmung. Durch diese Gassen ziehen Hirten aus den Abruzzen mit ihren Dudelsäcken. Mit ihren traurigen Klängen steigen sie die Treppen hinauf zur Santa Maria in Aracoeli, wo das juwelengeschmückte hölzerne Jesus-Wickelkind liegt, dem man im Laufe der Jahrhunderte Heilungen und Wunder zuschrieb – das Original wurde leider 1994 gestohlen. 

Hier geben römische Kinder ihre Wunschzettel ab und bedanken sich am ersten Weihnachtstag mit einer Rede vor der versammelten Familie und Gemeinde.

 Rom ist die Stadt der Krippen. Hier manifestiert sich einmal im Jahr sichtbar die große und innige Weihnachtsfrömmigkeit. So erhebt sich auf dem Petersplatz neben einer 28 Meter hohen Tanne, die dieses Mal aus Polen kommt, die Weihnachtskrippe mit ihren zwei Meter hohen Figuren.

Die mächtige Barockkirche Santa Maria Maggiore, die die Krippen-Reliquie birgt, gilt als „römisches Bethlehem“. In jeder römischen Kirche und Kapelle gibt es eine Krippe – und was für Krippen. Der Phantasie werden keine Grenze gesetzt: Mühlen drehen sich, Wasserbäche rauschen, die Sonne geht auf und unter; ein Sternenfirmament funkelt, und ein blitzender Komet zeigt den Weisen ihren Weg. Diese kirchliche Idylle entgeht aber nicht den Folgen des im Hintergrund tobenden Richtungskampfes in der Kirche. So fand man jetzt anonyme Flugblätter bei den Krippen, die zum Gebet für Papst Franziskus aufrufen: „Damit bei ihm wieder der Glaube vor der Politik kommt.“