© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 52/17-01/18 22. Dezember / 29. Dezember 2017

Der Milliardär entdeckt sein Herz
Chile: Während seiner zweiten Amtszeit als Präsident will Sebastián Piñera mehr versöhnen als polarisieren
Michael Link

Mit einem klaren Wahlsieg in der Stichwahl wurde am vergangenen Sonntag Sebastián Piñera zum zweiten Mal zum chilenischen Staatspräsidenten gewählt. Damit löst der Milliardär, der bereits von 2010 bis 2014 an der Spitze des Andenstaates stand, die Sozialistin Michelle Bachelet ab. Die amtierende, 2013 zum zweiten Mal gewählte Präsidentin stand nicht für eine weitere Wiederwahl zur Verfügung, die Verfassung Chiles schließt zwei Amtszeiten in Folge aus.

„Ich fühle mich verpflichtet, ein Präsident der Einheit zu sein“, schlug Piñera nach dem mehrmonatigen Wahlkampf versöhnliche Töne an. Als Kandidat der konservativen Oppositionskoalition aus Piñeras liberalkonservativer Renovación Nacional (RN) und der nationalkonservativen Unión Demócrata Independiente (UDI) erreichte Piñera 54,6 Prozent der Stimmen, der Mitte-Links-Kandidat Alejandro Guillier 45,4 Prozent.

Bereits nach der ersten Wahlrunde mit acht Kandidaten am 19. November hatten sämtliche Umfragen Piñera einen deutlichen Wahlsieg prognostiziert. Mit 37 Prozent der Stimmen und einem Vorsprung von 14 Prozentpunkten auf den Journalisten und Soziologen Guillier entschied Piñera die erste Wahlrunde klar für sich.

„Das ist eine schwere Niederlage für mich“, gestand der 64jährige Guillier ein, der vom Bündnis Nueva Mayoría unter Präsidentin Bachelet unterstützt worden war. Belastend für den bisherigen Senator waren die Korruptionsskandale, ein schlechtes Management und halbherzige Reformen seitens der Regierung.

Piñera forderte nun seinen unterlegenen Rivalen zur Zusammenarbeit auf, um besonders die ärmsten Bevölkerungsschichten zu schützen. Hatte er vor dem ersten Wahlgang allerdings noch einen fundamental oppositionellen Kurs zu Bachelet verfolgt, lenkte Piñera in den Wochen vor der Stichwahl auf deren Reformprogramm ein. 

Das von ihr durchgesetzte gebührenfreie Universitätsstudium soll auf weitere Bildungsbereiche erweitert werden. Eine Verbesserung der Bildungsqualität ist für den 67jährigen ein wesentliches Ziel seiner Präsidentschaft: „Wir wollen den Eltern das Recht zurückgeben, die Bildung ihrer Kinder zu wählen.“

Der Konservative sprach sich auch für den staatlichen Pensionsfonds aus: „Wir möchten allen Pensionisten einen kostenlosen Krankentransport ermöglichen.“ Das zunächst stark kritisierte, bereits zu Zeiten Pinochets eingeführte private Pensionssystem müsse überdacht werden. „Es bleiben noch viele Kumpel, die wir vor der Armut retten müssen“, sagte Piñera am Sonntag abend vor seinen Anhängern. 

Zudem versprach Piñera verstärkte Maßnahmen gegen die steigende Kriminalität, besonders gegen die hohe Zahl an Drogendelikten, die er zum Teil auf die Zuwanderung aus Haiti zurückführt.