© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 52/17-01/18 22. Dezember / 29. Dezember 2017

Knapp daneben
Ehrenamtliche Zeitverschwendung
Karl Heinzen

Mandatsträger, Regierungsangehörige und die Heerscharen von Beamten, die ihre Ideen umsetzen, werden bezahlt. Offenbar reicht dieser ganze Aufwand, den die Steuerzahler finanzieren, aber nicht aus, um alle öffentlichen Aufgaben zu schultern. Sage und schreibe 30 Millionen Bürgerinnen und Bürger greifen dem Staat durch ihre ehrenamtliche Betätigung auf irgendeinem Gebiet unter die Arme. Hin und wieder dürfen sie sich freuen, daß die Politik sie mit lobenden Worten ins Rampenlicht stellt, auch wenn dieses für die Öffentlichkeit kaum wahrnehmbar ist. So verlieh Innenminister Thomas de Maizière vor kurzem 100 glücklichen Empfängern den diesjährigen Förderpreis „Helfende Hand“ für ihre Leistungen auf dem Gebiet des Bevölkerungsschutzes. Kurz darauf überreichte Familienministerin Katarina Barley im Rahmen eines rauschenden Festakts, dessen künstlerisches Programm unter anderem von Martin Reinl mit Hund Wiwaldi gestaltet wurde, den Deutschen Engagementpreis an Menschen und Projekte, die sich gegen Rechtsextremismus und Fremdenhaß oder für Solarstrom und den Bau von Brücken zwischen Generationen oder Kulturen stark gemacht haben.

Wann wird endlich ein Preis ausgelobt, der die Selbstlosigkeit und Schaffenskraft der Arbeitnehmer würdigt?

Was so rührend und aufopferungsvoll klingt, muß unsere Gesellschaft, die bangt, daß der Wirtschaft schon bald die Arbeitskräfte ausgehen könnten, jedoch beunruhigen. Wenn so viele Menschen ehrenamtlich tätig sind, haben sie offenbar zu viel Zeit. Sie investieren diese in irgendwelche edelmütigen Aktivitäten, von denen keiner weiß, wie wertvoll sie wirklich sind, weil es für sie keinen Marktpreis gibt. Wenn sie stattdessen einer bezahlten Arbeit nachgingen, würde unsere Wirtschaft stärker wachsen. Davon hätten alle etwas.

Die Ehrenamtlichen zu beweihräuchern, zeugt zudem von Unredlichkeit. Es ist richtig, daß sie für ihr Tun bestenfalls eine kleine Aufwandsentschädigung bekommen. Gilt dies im Prinzip aber nicht auch für Arbeitnehmer? Die Werte, die sie schaffen, reißen sich zu einem großen Teil die Kapitaleigner unter den Nagel. Ihnen verbleiben die Brosamen. Wann wird endlich ein Preis ausgelobt, der diese Selbstlosigkeit würdigt.