© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/18 / 05. Januar 2018

Umwelt
Leuchtende Antibiotika
Volker Kempf

Effektvolle Aktionen haben Greenpeace bekannt gemacht, andere lassen sich hiervon inzwischen gerne inspirieren – etwa die Identitäre Bewegung. Vor Weihnachten traten Greenpeace-Aktivisten mit der Nachbildung eines riesigen Koteletts und eines grünen Kastens mit der Aufschrift „Antibiotika in Billigfleisch“ auf: Wer in die Box hineinschaute, fand Billigfleisch in Schwarzlicht, auf den Knochen weiß-gebliche Flecken. „Das sind Rückstände von Antibiotika“, klärte Markus Wichmann von Greenpeace auf. In 32 Städten lief die Aktion vor Lidl-Filialen. Kern der Botschaft: Der Preiskampf der Discounter führe zu billigen Produktionsmethoden. Die Haltung der Tiere sei beklagenswert, der Antibiotika-Einsatz enorm gestiegen: 740 Tonnen würden jährlich in der Tierhaltung bundesweit eingesetzt, heißt es im Greenpeace-Magazin (6/17).

Bei hohem Antibiotika-Einsatz entwickeln sich leichter resistente Krankheitserreger.

Auch wem das Tierleid egal ist, der sollte bedenken, daß sich bei hohem Antibiotika-Einsatz leichter resistente Krankheitserreger entwickeln. 25.000 Menschen würden in Europa jährlich sterben, weil Antibiotika nicht mehr wirkten, so Greenpeace. Halter kleiner Hühnerbestände wissen, einige Medikamente dürfen gar nicht eingesetzt werden, aber in der Landwirtschaft. Zweierlei Maß verheißt hier ein grenzlastiges Vorgehen. Aber woher sollen die 60 Kilogramm Fleisch pro Jahr und Person kommen? Die Massenzuwanderung läßt die Konsumentenzahl wachsen, was das politisch hyperkorrekte Umweltmagazin verschweigt. Vorbildlich ist für Greenpeace Lidl-Dänemark. Hier würden hundert Filialen Schweinefleisch von Betrieben mit Verzicht auf Antibiotika anbieten und dies auf den Etiketten kenntlich machen. Schweinefleischesser achten offenbar eher auf das Antibiotikaproblem. Der Antibiotika-Einsatz ist ein Grund unter vielen, weshalb es einen Bio-Boom gibt – obwohl gerade beim Fleisch die Produkte deutlich teurer sind.