© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/18 / 12. Januar 2018

Die Aktienkursrallye wird zum globalen Phänomen
Der Crash kommt erst später
Thomas Kirchner

Als Erfolg seines „Make America Great Again“ verkauft Donald Trump die neuen Rekordstände der Aktienindizes. Merkel-Claqueure verbreiten auf ihre Weise ähnliches. Crashpropheten hingegen zitieren bei jedem neuen Dow- und Dax-Rekord Irving Fisher. Der US-Ökonom hatte am 17. Oktober 1929 in der New York Times gejubelt: „Aktienkurse haben ein, wie es aussieht, permanent hohes Plateau erreicht.“ Nur sieben Tage später begann der bisher größte Crash der Geschichte. Aktien sind derzeit ähnlich hoch bewertet wie vor dem Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000. Doch das sind sie schon länger, ohne daß es bisher zu nennenswerten Korrekturen gekommen wäre. Und das aus gutem Grund.

Die US-Unternehmenssteuerreform hat die Gewinnaussichten stark verbessert. Schon nach Trumps Wahlsieg zogen die Kurse in Erwartung einer Steuersenkung an. In den USA erwarten Analysten ein Gewinnwachstum von zwölf bis 13 Prozent. Allein die Steuerreform wird sieben Prozent zum Wachstum beitragen. Andere Länder haben ebenfalls Steuerreformen angekündigt, die Kursrallye wird zum globalen Phänomen. Die Kurse eilen den erwarteten Gewinnen also vorweg, und treten die Gewinne erst mal ein, sind auch die Bewertungen nicht mehr so extrem.

Andererseits: Die nach Verabschiedung der Trump-Reform von den Analysten für 2018 vorhergesagten Kursziele sind schon zur Hälfte erreicht, es bleibt also nur noch ein Kursanstieg im hohen einstelligen Bereich. Und sollten die rosigen Szenarien doch nicht eintreten,. ist eine Kurskorrektur angesagt.

Auch Neuzugänge werden die Märkte im diesem Jahr beflügeln: Die Börseneinführung der saudischen Aramco in New York wird mit über 100 Milliarden Dollar allen anderen die Schau stehlen. Für Europa werden die Notierung von Aston Martin, Volvo Trucks, Knorr Bremse sowie von VWs Lastwagensparte erwartet. Auch Siemens will seine Medizinsparte Healthineers an die Börse bringen. Unter den Börsenkandidaten gibt es also überwiegend solide Firmen und nur wenige Luftnummern wie den Streamingdienst Spotify. Das spricht gegen die These einer Börsenblase.

Positiv auswirken dürfte sich das Fehlen einer Regierung in Deutschland, wodurch keine neuen wachstumsfeindlichen Regelungen erlassen werden. Gleichzeitig entbürokratisiert Donald Trump amerikanische Behörden, die für jede neue Vorschrift zwei alte streichen müssen. Zu guter Letzt könnte ein Nahost-Friedensplan, an der etwa die aus Ägypten stammende Trump-Beraterin Dina Powell arbeitet, die Börsen beflügeln. Eine Unsicherheit stellt die Zinspolitik der Zentralbanken dar. Starke Zinserhöhungen können sich negativ auf Aktienmärkte auswirken, zumal die Zinsunterschiede zwischen Anleihen guter und mittelmäßiger Bonität derzeit sehr gering sind. Doch das wiederum ist nur ein Zeichen der hohen Risikobereitschaft der Anleger.