© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/18 / 12. Januar 2018

„No Billag“-Initiative stellt Rundfunkgebühr in Frage
Schweiz: Am 4. März stimmen die Eidgenossen über die Zwangsabgabe ab / Die Gegner liegen laut Umfragen knapp vorn
Frank Liebermann

Was in Deutschland die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) war, ist die Billag AG in der Schweiz. Aufgabe des Unternehmens ist es, die Rundfunkgebühren für Radio- und Fernsehgeräte einzutreiben. Die Billag ist ähnlich beliebt wie damals die GEZ und jetzt der Beitragsservice in Deutschland. Zumal mit rund 460 Franken pro Jahr die Schweiz weltweit die höchsten Rundfunkgebühren hat. Unter dem Namen „No Billag“ findet nun am 4. März eine Volksabstimmung statt, die das Ziel hat, die Zwangsabgabe abzuschaffen. 

Lange Jahre haben die Eidgenossen klaglos gezahlt. Das änderte sich vor kurzem. Ähnlich wie in Deutschland wurde die Abgabe, die pro Gerät angefallen war, in eine Haushaltsgebühr umgewandelt. Diese hat jeder zu entrichten, egal ob er ein Gerät hat oder nicht. Da dadurch die Verwaltungskosten sinken, sollte der jährliche Betrag auf 400 Franken reduziert werden. 

Olivier Kessler, Initiant der Abstimmung und ehemaliges Mitglied der Schweizerischen Volkspartei (SVP), will das ganze System mit der Abstimmung in Frage stellen. Ein Kostentreiber für das Schweizer Fernsehen ist der staatliche Auftrag, in den vier Landessprachen ein vollumfassendes Programm zu senden. Kritiker bemängeln aber vor allem die vielen teuren Eigenproduktionen, die nichts mit dem Grundauftrag zu tun haben. Serien, Spielshows und Musiksendungen sind zwar beliebt, aber auch teuer, genauso wie eingekaufte Sport­events. Selbst sehr gute Eigenproduktionen des Schweizer Fernsehens lassen sich außerhalb des Landes kaum vermarkten, da diese häufig in Mundart produziert sind und stark regional geprägt sind. Vor allem die Vertreter der Youtube- und Netflix-Generation sehen nicht ein, welchen Nutzen ein staatliches Vollprogramm hat. Sie wollen nur für das bezahlen, was sie konsumieren. Und das Image des Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) ist bei der jungen Generation ähnlich wie das von ARD und ZDF. Die Gegner befürchten das Aus für das SRF, das über die bisherige Regelung umgerechnet rund eine Milliarde Euro einnimmt. Eine Werbefinanzierung würde nur den geringsten Teil der Kosten decken. Die Beschäftigten ständen auf der Straße, die Sender müßten ihren Betrieb einstellen. Unterstützung erhalten sie vor allem aus den lateinischen und ländlichen Kantonen. Sie profitieren von den Minderheitenprogrammen. Außer der SVP lehnen alle Parteien die Initiative ab, und auch diese ist gespalten, da die ländliche Klientel Angst hat, ins Abseits zu geraten. Der Abstimmungsausgang ist völlig offen. In Umfragen liegen die Abschaffungsbefürworter im Moment leicht vorn. Da die Abstimmungsinitiatoren in der Regel am Anfang einen Mobilisierungsvorteil haben und dieser dann bis zur Abstimmung durch die Gegner kompensiert wird, ist zu erwarten, daß die Initiative eher schlechte Chancen hat.