© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/18 / 19. Januar 2018

Chinas Angriff auf das Silicon Valley
Aktienmarkt: Alibaba und Tencent fordern Amazon, Facebook & Co. heraus / Hohe Wachstumsraten erfreuen Börsianer / USA sehen Gefahr für nationale Sicherheit
Carsten Müller

Bislang galt es als Gewißheit: Die globale Digitalwirtschaft wird von den „Big Five“ aus dem amerikanischen Silicon Valley dominiert. Diese großen Fünf – Apple, Microsoft, die Google-Mutter Alphabet, Amazon und Facebook – machten auch im vergangenen Jahr die ersten fünf Plätze auf der Liste der wertvollsten Börsenunternehmen unter sich aus. Und doch brachte 2017 einen Umbruch. Denn mit Alibaba und Tencent konnten erstmals zwei chinesische Firmen in die amerikanisch dominierten Top 10 einbrechen und machen den Marktführern insbesondere im Bereich E-Commerce und soziale Netzwerke zunehmend das Leben schwer.

Alibaba ist im Bereich E-Commerce tätig und damit der schärfste Konkurrent von Amazon. Das Unternehmen betreibt im eigenen Markt mehrere Verkaufsplattformen, auf denen mittlerweile rund 800 Millionen Kunden shoppen gehen. Welche Dimensionen das haben kann, konnte man im vergangenen November sehen. So wurden am sogenannten „Singles Day“, über 20 Milliarden Euro umgesetzt. Alibaba selbst ist kein Neuling am Markt. Firmenchef Jack Ma hatte sein Unternehmen bereits vor 18 Jahren gegründet. Außerhalb von China trat Alibaba allerdings erst richtig in Erscheinung, als man 2014 den bis heute größten Börsengang vollzog und dabei 25 Milliarden Dollar einsammelte.

Das zweite chinesische Unternehmen, Tencent, stand bislang im Schatten von Alibaba. Zu Unrecht, denn dieses Unternehmen ist geradezu das Paradebeispiel eines Internet-Giganten. Fast eine Milliarde Chinesen nutzen die Tencent-App WeChat, die längst ihrem ursprünglichen Rahmen eines Messaging-Dienstes entwachsen ist. Heutzutage können Kunden über diese Plattform auch einkaufen, bargeldlos zahlen und sogar Kredite bekommen. Darüber hinaus ist Tencent auch stark im Bereich mobiler Spiele aktiv.

Digitale Bezahlsysteme und moderne Mobilitätskonzepte

Gemeinsam ist beiden Firmen, daß sie immer wieder mit sehr starken Wachstumszahlen aufwarten. So dürfte Alibaba für 2017 ein Umsatzwachstum zwischen 49 und 53 Prozent geschafft haben. Tencent meldete für das zuletzt berichtete dritte Quartal ein Umsatzwachstum von 61 Prozent und lag damit weit über den Analystenprognosen. Damit sollten auch die Jahresergebnisse deutlich besser ausfallen als derzeit geschätzt. Wobei der Praxistest, ob sich Alibaba und Tencent auch im globalen Wettbewerb behaupten können, noch aussteht. Bisher konnten beide Firmen im Heimatmarkt relativ unbedrängt wachsen. Alibaba-Konkurrent Amazon kommt im Reich der Mitte nur auf einen minimalen Marktanteil von knapp einem Prozent. Noch besser sind die Voraussetzungen bei Tencent. Denn die potentiellen Wettbewerber Facebook, Twitter und Snapchat werden auf Anweisung der KP Chinas blockiert.

Im Gegenzug versuchen beide Konzerne, in andere Märkten zu expandieren. Alibaba versucht das bisherige Modell von Google zu kopieren, sich auch in neue Technologien wie Bezahlsysteme oder Mobilitätskonzepte einzukaufen. Die Tatsache, daß der chinesische Markt für Ausländer bislang noch weitestgehend abgeschottet ist, sorgt allerdings dafür, daß Alibaba im Ausland schwer zum Zuge kommt. So hatte erst vorige Woche die US-Kommission für Auslandsinvestitionen (CFIUS) die 1,2 Milliarden Dollar schwere Übernahme des Zahlungsdienstleisters MoneyGram durch den Alibaba-Ableger Ant Financial verboten – Begründung: Gefahr für die nationale Sicherheit. Doch dürfte das vorläufig der positiven Einstellung der Börsianer gegenüber beiden Unternehmen keinen Abbruch tun. Denn noch verfügen beide über ein hohes Wachstumspotential sowohl in China als auch in anderen asiatischen Ländern. Diese zeigen sich aufgrund der regionalen Abhängigkeiten deutlich offener gegenüber den Expansionsplänen.

China-Konzerne Alibaba und Tencent: 

 www.alibaba.com

 www.tencent.com/en-us/