© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/18 / 19. Januar 2018

Nicht immer Sprudelwasser
Gabor Steingarts Kolumnenauswahl
Tobias Dahlbrügge

Die täglichen Tataren-Meldungen der Medien vermiesen schon morgens den Tag, die Schreckens-Schlagzeilen lösen bei vielen Lähmung und Untergangsstimmung aus. Dem will Gabor Steingart, früherer Leiter der Spiegel-Büros in Washington und Berlin etwas Zuversicht entgegensetzen. Nach dem Motto „Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst“, hat der Journalist das Beste aus seinem „Morning Briefing“ zusammengestellt, seiner Kolumne im Handelsblatt, dessen Herausgeber der 55jährige heute ist.

Steingart will Optimismus verbreiten, doch das gelingt ihm nur mäßig. Viele seiner nach Stichworten sortierten Bonmots können die Stimmung zu heben: „Deutschland bleibt Deutschland, sagt die Kanzlerin. Die Kriminalitätsstatistik und der Verfassungsschutzbericht sprechen eine andere Sprache.“ Wahr, aber was soll daran die Laune heben? Zudem enthält sein Alphabet von Kalendersprüchen das übliche AfD-, Brexit- und immer wieder Trump-Bashing – gääähn!

Einige Einträge sind allerdings wirklich lustig: „Lindner hat seine erste Werbeagentur in den Sand gesetzt, die zweite schaffte es in den Bundestag.“ Na schön, geht so. Aber er steigert sich: „Wäre die CDU ein Fertighaushersteller, wäre Armin Laschet das Niedrigenergiehaus.“ Auch gut: „Wäre Schulz ein Mineralwasser, stünde auf dem Etikett ‘Non sparkling’“.

Manches ist fast philosophisch: „Vielleicht läßt sich die Idee vom freizügigen Europa dadurch retten, daß man sie – im wörtlichen Sinn – wieder begrenzt.“ Zur Globalisierung fällt ihm ein: „Früher gingen Handwerksburschen auf Wanderschaft, heute ganze Fabriken.“ Grüne mag Steingart nicht: „Bei den Grünen wird lautstark die Freigabe von Hasch gefordert. Die kollektive Benebelung ist von allen absurden Antworten auf die Flüchtlingskrise die pragmatischste.“ Ziemlich zynisch ist: „Glück in Zeiten des Unglücks ist, wenn man zur richtigen Zeit den falschen Weihnachtsmarkt besucht.“ Zuweilen ist diese Fibel ein netter Zeitvertreib für eine Zugfahrt. Immerhin: Unter K wie Kinderkriegen steht: „Allen Paaren, die in Erwartung von Massenarbeitslosigkeit und sozialer Verelendung das Kinderkriegen eingestellt haben, kann man nur raten, das nächste Wochenende sinnvoll zu nutzen.“ Na, wenn das nicht ermunternd ist.

Gabor Steingart: Kopf hoch, Deutschland! Mit dem Morning Briefing durch stürmische Zeiten. Knaus-Verlag, München 2017, gebunden, 200 Seiten, 15 Euro