© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/18 / 02. Februar 2018

Haltungsnote
Im Regen stehen gelassen
Gil Barkei

Seitdem vor einem Jahr damit begonnen wurde, größtenteils nur noch Asylsuchende mit geringer Chance auf ein Bleiberecht in der zentralen Flüchtlingsunterkunft in Oerlinghausen unterzubringen, häufen sich die Probleme und Straftaten in der lippischen Stadt. Die Nachbarn leben zunehmend in Angst, lassen ihre Häuser nicht mehr unbeaufsichtigt und organisieren sich in WhatsApp-Gruppen, um Auffälligkeiten in der Nachbarschaft zu teilen oder um Fahrgemeinschaften für die Kinder zu koordinieren. Auf eine Resolution des Stadtrats, die von der nordrhein-westfälischen Landesregierung eine bessere Verteilung der Migranten fordert, folgte ein Ortsbesuch des Staatssekretärs Andreas Bothe vom Landesamt für Flüchtlinge. Doch statt Empathie und schneller Maßnahmen bekamen die Bewohner einen Schlag ins Gesicht verpaßt. Ausweichkonzepte würden erst noch geprüft. Außerdem gebe es zwar mehr Einbrüche und Diebstähle, aber schließlich keinen Anstieg bei Körperverletzungen oder sexueller Gewalt, erklärte Bothe. Es gebe also keinen Anlaß, Angst im Dunkeln zu haben. Achso, nur die paar spontanen Eigentumsübertragungen – na, wenn weiter nichts ist. Die vertrösteten Anwohner blieben fassungslos zurück, zumal es sehr wohl auch Berichte über Belästigungen gibt.