© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/18 / 09. Februar 2018

Blick in die Medien
Gefährliches Spiel
Tobias Dahlbrügge

Kommende Woche erscheint das Computerspiel „Kingdom Come Deliverance“ aus dem Hause „Warhorse Studio“. Der Spieler schlüpft in die Rolle eines Ritters und erlebt Abenteuer im  Böhmen um 1400. Die Hersteller werben damit, die Szenerie akribisch recherchiert und authentisch umgesetzt zu haben.

Normalerweise erhält ein Videospiel erst nach Erscheinen schlechte Kritiken, die sich dann meist auf Mängel in der Graphik oder Steuerung beziehen. Doch diesmal gab es schon vorher einen Verriß: Ein linker Blogger hatte dem Warhorse-Kreativdirektor Daniel Vávra „Rassismus“ oder „Sexismus“ vorgeworfen. 

Vermutlich gab es im mittelalterlichen Böhmen weder Veggie-Day noch Homo-Ehe. 

Der Vorwurf: In dem Spiel seien „keine Menschen mit dunkleren Hautfarben zu sehen“ und es propagiere ein „männliches Weltbild“. Daß die Handlung im historischen Böhmen angesiedelt ist, verrate zudem „revisionistische Geschichtsvorstellungen“. Als Beweis führt der Gesinnungsschnüffler an, daß Vávra auf einer Spielemesse im vergangenem Jahr ein T-Shirt einer irgendwie bösen norwegischen Black-Metal-Band trug. Außerdem habe er „mehrfach genervt reagiert“, als er auf Twitter angegangen wurde, warum in der Handlung keine Schwarzen vorkämen.

Vermutlich gab es im mittelalterlichen Böhmen auch keinen Veggie-Day, keine Homo-Ehe und keine 60 Geschlechter. Und um den CO2-Fußabdruck machte sich auch kein Mensch Gedanken. Schlimm! Es ist auch nicht überliefert, daß Böhmen je von einer arabischen Lesbe regiert wurde.

Irgendwie scheint die Hetzkampagne aber nicht richtig zu zünden, denn die Spiele-Fachpresse sah bisher keinen Grund, die Neuerscheinung zu boykottieren. Vielleicht stecken die cleveren Entwickler aber auch selbst hinter der kruden Denunziation, denn wer etwas von Marketing versteht, weiß, daß alles, wogegen spießige Moral-Ayatollahs wettern, für die junge Zielgruppe noch attraktiver wird.