© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/18 / 09. Februar 2018

Umwelt
Wanderung an Grenze
Volker Kempf

Im Vereinsleben gibt es noch eine Grenze zwischen Baden und Württemberg. Der Badische Turner-Bund existiert bis heute. Im Liedgut wird das einstige Großherzogtum weiterhin volkstümlich als „das schönste Land in Deutschlands Gau’n“ besungen. Wanderer können vom Nordschwarzwald kommend über die 1.163 Meter hohe Hornisgrinde gehen und hinab zum Bodensee schreiten. Einige Teilstücke vermitteln Eindrücke der einstigen Grenzregion. Was bekommt das Auge zu sehen? Eine Jugendgruppe des Schwarzwaldvereins machte die Probe aufs Exempel (Der Schwarzwald 4/17). Aufgefallen ist den jungen Wanderern, wie Pumpspeicherkraftwerke und Windindustrie in die Landschaft eingreifen. Dies sei Folge der politischen Vorgaben der Landesregierung, den Anteil der erneuerbaren Energien auf 80 Prozent hochzuschrauben – zumindest beim Strom. Doch dieses Ziel sei in weiter Ferne. Ein landschaftlicher Preis auf diesem Weg ist schon unverkennbar.

Die Schwarzwälder sind ein konservatives Völkchen – darum gründen sie Bürgerinitiativen.

Wer wandert, dem bleibt nicht verborgen, daß der Schwarzwald immer mehr zu einem Windindustriepark wird. Dabei ist das höchste zusammenhängende deutsche Mittelgebirge wegen seiner Windhöfigkeit für die Windräder wenig ertragreich. Braucht das Land den „Zappelstrom“? Muß dafür diese Kulturlandschaft leiden? Für einige sind Windindustrieanlagen die neuen Kirchtürme. Die Schwarzwälder sind allerdings ein konservatives Völkchen, sie lassen die Kirche gerne im Dorf und gründen Bürgerinitiativen. Beim Spaziergang auf einem Feldweg kann über so manches nachgedacht werden, der Geist sich öffnen und überraschend einen wunden Punkt finden. Martin Heidegger nannte das das Kuinzige, das sich ihm oft im badischen Meßkirch einstellte, wie er in „Der Feldweg“ 1948 schrieb. „Die Badner denke“, sagt der Volksmund. Vielleicht liegt es am Schwarzwald mit seinen Feld- und Wanderwegen.