© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/18 / 16. Februar 2018

Deutschland: Die „Zuwenig-zum-Leben-Police“
Das Alter absichern
Peter Offermann

Die Lebensversicherung. Sie ist so „typisch deutsch“ wie Sauerkraut, Bier, das Oktoberfest oder der rheinische Karneval. Der Deutschen liebstes Kind in Sachen Altersvorsorge. Und dieses „Kind“ hat gerade in der „Pisa-Studie“ der Versicherungsbranche miserable Noten bekommen. Auf einer Stufe mit der norwegischen und taiwanesischen Lebensversicherung, so die Ansicht der internationalen Ratingagenturen, wie Moody’s oder Fitch etwa. Nun ist für die Deutschen relativ uninteressant, wie viele Norweger oder Taiwanesen ihre Altersvorsorge den dort ansässigen Lebensversicherungen anvertraut haben.

In Deutschland gibt es jedenfalls fast 90 Millionen Policen. Ziemlich viel, wenn man heutzutage mit einer Rendite auf Sparbuch-Niveau rechnen kann. Oder sogar weniger, denn von den Beiträgen wandern wegen Provisionen, etwaigen Risikokosten für Todesfall- und Berufsunfähigkeitsbausteine sowie Kosten für die Verwaltung des Vertrages lediglich 80 bis 70 Prozent oder gar deutlich weniger in den Vertragsanteil, der dann mit 0,9 Prozent Garantiezins „fürstlich“ belohnt wird. Dabei trifft die Lebensversicherungen nicht einmal die Hauptschuld. Mehrere Punkte sorgen dafür, daß man sie wohl eher als „Zuwenig-zum-Leben-Police“ bezeichnen kann.

Zum einen ist definitiv die stark belastende hohe Garantie der Altverträge zu nennen. Des weiteren grätscht die europäische Null-Zins-Politik den Assekuranzen in die Beine. Der Staat, der den Versicherungen eine strikte Anlagepolitik der Kundengelder vorschreibt, tut sein Übriges. Und zu guter Letzt natürlich die Kunden, die sich nur schwer an neue, auf die heutige Situation angepaßte Produkte gewöhnen können. Zyniker mögen jetzt sagen: „Na ja, immerhin lohnt sich das ganze Geschäft noch für die Gesellschaften und ihre Vertreter!“ Mitnichten, denn diese sind teilweise fleißig dabei, ihr liebstes Kind zur Adoption an ausländische Finanzinvestoren freizugeben.