© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/18 / 16. Februar 2018

CD-Kritik: Franz Schubert – Coco Collectief
Vorsicht, Glatteis!
Jens Knorr

Winterzeit ist „Winterreise“-Zeit. Wohl als erste haben Elena Gerhardt und Lotte Lehmann Franz Schuberts „Kreis schauriger Lieder“ den Männerstimmen streitig gemacht, Frauen ihn seither solistisch gesungen. Das Coco Collectief , vier Soprane, ein Mezzosopran, ein Pianist, die sich auf dem Königlichen Konservatorium Den Haag zusammentaten, haben den Zyklus 2016 szenisch aufgeführt und im Mai 2017 im Studio aufgenommen.

Das inhomogene Frauenquintett beabsichtigt keinen homogenen Chorklang. Die fünf Frauenstimmen deutlich divergierender Qualitäten singen Arrangements zu Duetten, Terzetten, Quartetten oder Quintetten von Maurice Lammerts van Bueren, die selten über gediegene Tonsatzarbeit hinauskommen. „Wasserflut“ erklingt als „Moment Musicaux“ für Klavier solo, „Der Wegweiser“ als A-capella-Satz. Obwohl zu fünft, gelingt der Clique – Eumeniden, Brautjungfern, Damenkränzchen – nur in Momenten, die Einsamkeit des Wanderers als kollektive Einsamkeit zu fassen und eine weibliche Fernsicht auf Schuberts Wanderer.

Franziseisches Zeitalter war einmal. Die Frauen vom Coco Collectief haben immer eine Schlafstatt im Dorfe frei, Penicillin gegen die Franzosenkrankheit, eine Münze oder ein paar warme Schuhe für den Leiermann. Barfuß auf dem Eise wankt keine.

Franz Schubert Winterreise Etcetera 2017 www.cococollectief.com