© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/18 / 16. Februar 2018

„Wellenkrieg“ im „Kalten Krieg“
Neue Studie der BND-Historikerkommission
Jürgen W. Schmidt

Der gelernte technische Schiffsoffizier und spätere promovierte Historiker Armin Müller befaßt sich in seiner Studie mit dem „Wellenkrieg“ des BND. Gestützt auf das fachlich hochqualifizierte Personal früherer Funkhorcheinheiten und sonstiger Fernmeldetruppen der Wehrmacht (so auch Reinhard Gehlens Abteilung Fremde Heere) beschäftigte man sich bereits in der Frühzeit des BND mit technischen Nachrichtenübertragungs- und Aufklärungsmitteln. 

Das war ein sehr sinnvoller Ansatz, denn aktuell wird der BND gerade wegen seiner hochentwickelten und effektiven technischen Aufklärung von Partnerdiensten immer noch geschätzt. Doch aller Anfang ist schwer und ausgerechnet beim „Agentenfunk“ verlor der BND augenscheinlich ziemlich deutlich den Kampf gegen seine Feinde im Osten. 

Besser schon sah es bei der „Funkabwehr“ und bei der „Funkaufklärung“ aus. Obwohl auch hier Probleme und Zwistigkeiten nicht ausblieben. Konkurrierte doch bei der technischen militärischen Aufklärung der BND mit der Bundeswehr und bei der Funkabwehr mit dem Bundesamt für Verfassungschutz. Hinzu kamen hausgemachte Konflikte, wenn man etwa „schmierige“ menschliche Typen wie den heute noch wegen seiner Bücher zur „Roten Kapelle“ bekannten Wilhelm Flicke beim BND anheuerte oder sogar noch bis 1957 beim Pullacher Nachrichtendienst Enigma-Chiffriermaschinen zum Einsatz kamen, obwohl deren Schlüsselsicherheit seit 1942 im Westen und spätestens ab 1945 auch im Osten massiv in Frage gestellt war. 

Lobenswerterweise berührt Armin Müller das leidige Problem der Effektivität von Nachrichtendiensten. Allerdings ist es dabei peinlich zu erfahren, daß es erst im Jahr 1995 bei BND und Bundeswehr Aufschluß darüber gab, daß es zum Beispiel bei der Besetzung der Tschechoslowakei durch Truppen des Warschauer Paktes 1968 anders als vermutet eine direkte Beteiligung der 7. Panzerdivision und 11. motorisierten Schützendivision der NVA gar nicht gab. Trotz vieler spröder technischer Details ein durchaus lesenswertes und fachlich weiterführendes Buch zur Geheimdienstgeschichte.

Armin Müller: Wellenkrieg. Agentenfunk und Funkaufklärung des Bundesnachrichtendienstes 1945–1968. Ch. Links Verlag, Berlin 2017, gebunden, 416 Seiten, 45 Euro