© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/18 / 02. März 2018

Kein Ort, der Schutz gewähren kann, wo meine Büchse zielt
Schußwaffen: Die AfD fragt nach Zahlen zum privaten Waffenbesitz / Bundesregierung plant keine gesetzlichen Verschärfungen
Christian Schreiber

Ist das deutsche Waffenrecht besonders restriktiv? Das glaubt die Bundestagsfraktion der AfD und verlangte von der Bundesregierung Antworten. In einer Kleinen Anfrage wollte die größte Oppositionsfraktion wissen, wie sich der Umgang mit Waffen in Deutschland in den vergangenen 25 Jahren verändert hat. Statistische Daten zum privaten Besitz von Schußwaffen sowie zu waffenrechtlichen Erlaubnissen liegen der Bundesregierung allerdings erst für den Zeitraum ab Januar 2013 vor, da erst zu diesem Zeitpunkt das Nationale Waffenregister (NWR) eingerichtet wurde. Über Vergleichsdaten für die Jahre 1991 bis 2012 könne sie keine Auskunft geben, teilte die Regierung mit. Das NWR wurde geschaffen, um den legalen privaten Waffenbesitz in Deutschland einfacher erfassen zu können. Es zeigt, wie viele Schußwaffen es hierzulande gibt und wem sie gehören. Gespeichert sind Daten zu erlaubnispflichtigen Waffen wie Pistolen, Revolvern oder Gewehren.

Immer mehr haben den Kleinen Waffenschein

Zum Jahresende waren demnach 5,37 Millionen Schußwaffen beziehungsweise Waffenteile im Nationalen Waffenregister registriert. Das waren rund 20.400 mehr als ein Jahr zuvor. Die meisten davon (3,6 Millionen) waren Langwaffen, also etwa Jagdgewehre, Büchsen und Flinten. Dabei hat sich der Zuwachs noch etwas beschleunigt: Von 2015 auf 2016 hatte das Plus etwa 16.100 betragen. 

Immer mehr Menschen in Deutschland besitzen nach den veröffentlichten Zahlen einen sogenannten Kleinen Waffenschein. Hatten im Januar 2016 noch 300.949 Personen das Papier, mit dem man unter anderem Schreckschußpistolen führen darf, waren Ende 2017 bereits 557.560 solcher Waffenscheine im Umlauf. Ende 2015, also zum Höhepunkt der Flüchtlingskrise, waren es noch lediglich 285.911. Offenkundig fühlt sich ein großer Teil der deutschen Bevölkerung nicht mehr sicher. 

Zudem gibt es bestimmte Personengruppen, die sich aufgrund besonderer Tätigkeiten mit Waffen eindecken können. Jäger, Waffensammler und Sportschützen benötigen eine Waffenbesitzkarte. Wenn Jäger einen Jagdschein und eine Waffenbesitzkarte haben, dürfen sie damit zwei Kurzwaffen besitzen und mit einem Jahresjagdschein so viele Langwaffen, wie sie wollen. Sie dürfen die Waffen dann aber nur entladen und gesichert transportieren – und nur im Jagdgebiet abfeuern. Auch die Waffenbesitzkarte von Sportschützen erlaubt es, Waffen zu erwerben. Dafür muß der Antragssteller mindestens ein Jahr Mitglied eines Schützenvereins gewesen sein, regelmäßig am Schießtraining teilnehmen und zusätzlich eine Prüfung ablegen. 

Zum Stichtag 31. Dezember 2017 waren 345.576 Personen bekannt, denen mindestens eine erlaubnispflichtige Schußwaffe mit dem Bedürfnisgrund „Sportschütze“ zugeordnet werden konnte. 1.645 Bürger wurden gespeichert, die mindestens eine erlaubnispflichtige Schußwaffe besitzen und dem Bedürfnisgrund „Brauchtumsschütze“ zugeordnet wurden. Erhebungen über die Besitzer von Jagdscheinen nimmt die Bundesregierung übrigens nicht vor. Sie verwies in ihrer Antwort auf die vom Deutschen Jagdverband vorgenommenen Erhebungen in den vergangenen 25 Jahren.

Denen zufolge sind derzeit rund 380.000 Jäger registriert, was einen relativ geringen Anstieg bedeutet. 1991 waren es 321.000. Die Behörden haben nach eigener Aussage die Waffenbesitzer in Deutschland im Auge. So wird seit längerem darüber diskutiert, ob sogenannte Reichsbürger eine Waffe besitzen dürfen. Auch wenn Kontakte zur salafistischen Szene bestehen, kann die Waffenbesitzkarte eingezogen werden. 

Und unlängst hat ein Gericht entschieden, daß überführte Cannabis-Konsumenten auch keinen Jagdschein besitzen dürfen. Denn nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes muß ein Waffenbesitzer nach den Bestimmungen des Waffengesetzes die Gewähr dafür tragen, daß er persönlich geeignet ist, mit Waffen oder Munition vorsichtig und sachgemäß umzugehen. Das sei allerdings bei täglich mehrfacher Inhalation von Cannabisblüten – auch bei ärztlicher Verordnung wie im Fall des Jägers – nicht sichergestellt, urteilten die Richter. Die Zahl der zwangsweise eingezogenen Besitzkarten ist in den vergangenen Jahren der Statistik zufolge von rund 8.000 auf mittlerweile 15.000 gestiegen.

Bei der Frage nach der Zahl der mit Waffen begangenen Straftaten verwies die Regierung auf die offiziellen Erhebungen des Bundeskriminalamtes, die einen sprunghaften Anstieg anzeigen. Demnach gab es im vergangenen Jahr rund 6.300 Fälle. Die Aufklärungsquote betrug etwa 56 Prozent. Der Anzahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen machte satte 40 Prozent aus, wobei keine Statistiken über die ethnische Herkunft der Tatverdächtigen existieren.

Übrigens: Bis zu 20 Millionen illegale Schußwaffen gibt es nach Schätzungen von Fachleuten in Deutschland. Zudem verschwinden immer wieder legale Waffen, denn viele registrierte Waffenbesitzer verlieren ihre Waffen. Die tatsächlich gemeldeten Verluste belaufen sich auf 17.174 Schußwaffen. Allein im Zeitraum vom 31. Januar 2016 bis zum 31. Mai 2017 gingen 3.277 Pistolen und Gewehre verloren. Weitere 4.760 wurden als gestohlen gemeldet.

Glaubt man der Bundesregierung, besteht für die Besitzer legaler Schußwaffen kein Anlaß zur Sorge. Denn für ein vollständiges Verbot privaten Waffenbesitzes bestehe kein Bedarf, heißt es in der Antwort. Das Bedürfnisprinzip und die damit verbundene Begrenzung des privaten Waffenbesitzes hätten sich nach Auffassung der Bundesregierung bewährt.