© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/18 / 02. März 2018

Umwelt
Einfältige Bio-Parolen
Volker Kempf

Seit einem Jahr gibt es das Magazin natur.post der Firma Rapunzel. Es erscheint alle vier Monate „für Bio-Fans“. 1974 fing alles mit einem Selbstversorgerbetrieb an, dazu ein Naturkostladen. Heute verfügt Rapunzel über 300 Mitarbeiter und Zulieferpartner in mehreren Erdteilen. Nicht nur vorgelebt werden sollte hier etwas, sondern auch gegen das Establishment gebürstet werden. Das Editorial von Rapunzel-Gründer und Geschäftsführer Joseph Wilhelm will provozieren: Was erdreistet sich die IHK Schwaben mit der Frage daherzukommen, wie die schwäbische Wirtschaft von Afrika profitieren kann! Gegenfrage: Was ist daran verkehrt, gewinnorientiert in Afrika zu investieren? Die Rahmenbedingungen müssen stimmen, dann profitieren alle.

Rapunzels „Bio Paradies“ Sikkim ist mit Afrika überhaupt nicht vergleichbar.

Wilhelm begründet seine Erregung mit dem „Flüchtlingsdrama“. Wir sind schuld am Elend Afrikas. Dabei bringt erst der relative Wohlstandszuwachs die Migrationsströme nach Europa – die Schlepper wollen Geld. Der Rapunzel-Chef schäumt über „einfältige und populistische Ausgrenzungsparolen rechter Politiker“. Soll das Bevölkerungswachstum durch offene Grenzen abgefangen werden? Eine Million pro Jahr? Würde bei mehr wirtschaftlichem Erfolg der Wanderungsdruck nach Europa abnehmen? Sikkim mag ein „Bio-Paradies“ sein, der zweitkleinste indische Bundesstaat ist aber mit Afrika nicht vergleichbar. Ein Bio-Laden hilft, ein gutes Gewissen zu kaufen und ökologische Nischen zu pflegen. Das reicht nicht als Weltmodell. Nur billig zu produzieren ist sicher nicht der Weisheit letzter Schluß, aber wer soll andere Standards hierzulande bezahlen, wenn die Milliarden dank „No Border, no Nation“ verschenkt werden? Darauf hat Wilhelm keine Antwort.