© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/18 / 09. März 2018

Realistische Sicht auf Äthiopiens Transformationsgesellschaft
Wirtschaftsboom im Hungerstaat
(ob)

In den Horrorgemälden, die Einwanderungslobbyisten vom „Hungerkontinent“ Afrika zeichnen, um die Akzeptanz westlicher Wohlstandsbürger für die Aufnahme von Armutsflüchtlingen zu erhöhen, erscheinen auch Äthiopiens Lebensverhältnisse tief vom üblichen Elend geprägt. Allenfalls hob sich das ostafrikanische Land aus den Miseren von Nachbarn wie Sudan, Süd-Sudan und Eritrea negativ ab, weil es 2015/16 von einer der schlimmsten Dürren seit 1985 geplagt wurde. Zudem leidet es an der „afrikanischen Krankheit“, der Überbevölkerung. Mit über 100 Millionen Einwohnern (1970: 28 Millionen) liegt es nach Nigeria an zweiter Stelle der bevölkerungsreichsten Staaten des Kontinents. Trotzdem muß es keine Flüchtlinge exportieren, wie eine Lageanalyse der Entwicklungsgeographin Beate Lohnert (Bayreuth) zeigt (Geographische Rundschau, 12/2017). Denn die Wirtschaft wachse jährlich um zehn Prozent, so daß Aussicht besteht, bis 2025 zur Ländergruppe mit mittleren Einkommen aufzuschließen. Bedingt durch die Globalisierung, die sich in den Städten, wo Fast-Food-Restaurants aus dem Boden schießen, bis in die Ernährungsweise durchgesetzt habe, profitiere davon jedoch primär die urbane Mittel- und Oberschicht, während die Kleinbauern, die noch achtzig Prozent der Bevölkerung ausmachen, weiterhin  Ernährungsunsicherheiten ausgesetzt blieben. 


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