© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/18 / 16. März 2018

Besser geschwiegen
Panne: Polizisten sind sauer auf Innenminister Thomas Strobl
Christian Schreiber

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl hat ein klassisches Eigentor geschossen. Der CDU-Politiker hatte Ende der vergangenen Woche mitgeteilt, daß nach Hilferufen des Bürgermeisters von Sigmaringen wegen auffälliger Asylbewerber Polizisten inkognito in der Stadt unterwegs seien. Strobl hat am Wochenende über eine Sprecherin erklärt, die Ankündigung habe auch einen abschreckenden Charakter. Sie fügte auch hinzu, daß „der Schutz und die Sicherheit der Beamten höchste Priorität“ hätten. Doch genau hierin liegt das Problem. Die Deutsche Polizeigewerkschaft forderte aus Sorge um die Sicherheit der eingesetzten Beamten den sofortigen Abbruch der  Aktion. „Verdeckte polizeiliche Maßnahmen in der Presse anzukündigen führt dazu, daß die Kollegen erheblichen Gefahren ausgesetzt sind. Das ist ein Skandal“, sagte der Landesvorsitzende der Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, der dpa.

Sigmaringens Bürgermeister Thomas Schärer (CDU) hatte sich im Februar schriftlich an Strobl und den damaligen Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) gewandt und eine „konsequente Sanktionierung von auffälligen Asylbewerbern“ gefordert. In Sigmaringen leben knapp 400 Flüchtlinge in einer Erstaufnahmestelle des Landes. Dabei sei am Bahnhof ein Brennpunkt entstanden. Flüchtlinge aus der Landeserstaufnahmestelle (LEA) hätten sich in der Bahnhofshalle getroffen, Alkohol getrunken und sich aggressiv verhalten. Drogendeals im nahe gelegenen Prinzenpark hätten zugenommen – die Täter auch hier vor allem Flüchtlinge. Auch Ladenbesitzer in der Innenstadt hätten über eine Zunahme von Diebstählen geklagt. Der innenpolitische Fraktionssprecher der Grünen, Uli Sckerl, warnte unterdessen vor Panikmache. Das Schreckensszenario sei weit übertrieben. „Die vorhandenen polizeilichen Maßnahmen reichen aus“, hieß es in der Erklärung des Regierungspartners der CDU. Die Oppositionsfraktionen SPD und FDP warfen Strobl unterdessen Selbstdarstellung auf Kosten der Polizei vor und forderten eine Befassung des Innenausschusses des Landtags mit dem Thema. Laut SPD-Fraktionsvize Sascha Binder falle Strobl der Polizei sogar in den Rücken. Der Minister sei als Selbstdarsteller unterwegs und setze hier Polizeibeamte unnötigen Gefahren aus. Siegfried Lorek, polizeipolitischer Sprecher der CDU-Fraktion und selbst Polizist, verteidigte den Minister dagegen:  „Vom Einsatz verdeckter Ermittler war ja nie die Rede. Seit Jahren ist es Praxis in der Polizeiarbeit, Zivilbeamte im Drogenmilieu ermitteln und aufklären zu lassen.“