© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/18 / 16. März 2018

Chaos als Teil der „populistischen Revolte“
Schweiz: Bei einer Veranstaltung der „Weltwoche“ stellt sich Steve Bannon kritischen Fragen
Marco Pino

Wenn man Steve Bannon glauben darf, dann ist es kein Zufall, daß sein erster Auftritt in Europa in Zürich stattfindet. Denn hier in der Schweiz habe die „populistische Revolte“ angefangen. Allerdings: „Unter Populismus versteht man in den USA etwas anderes als in Europa“, erläutert Roger Köppel, Chefredakteur der Schweizer Weltwoche, gegenüber der JUNGEN FREIHEIT, und verweist auf „the populist president Andrew Jackson“, der die Vereinigten Staaten von 1829 bis 1837 regierte. „In Europa ist ein Rechtspopulist ja schon ein halber Nazi“, so Köppel. In den USA stehe das eher für einen Mann aus dem Volk, der sich gegen das Establishment stellt. Und genau das ist es, was in Bannons Augen die neurechten Bewegungen in zahlreichen westlichen Ländern eint: „Gegen das Establishment“.

Christoph Blocher als Vorbild

„Für gewisse Leute ist Bannon der Teufel“, sagt Köppel. Also habe er den „Teufel“ mal eingeladen, um sich und anderen ein eigenes Bild zu ermöglichen – gut 1.500 Besucher folgten dem Aufruf der Weltwoche. Das Publikum ist bunt gemischt, besteht aus Befürwortern und Gegnern Donald Trumps – zu dessen überraschender Wahl Steve Bannon als Wahlkampfmanager maßgeblich beigetragen hatte. Danach war er bis August 2017 Chefstratege des US-Präsidenten. Vor seiner Tätigkeit für Trump hatte Bannon den Aufbau der Nachrichten-Website „Breitbart News“ vorangetrieben. Und zuletzt machte er durch das Buch „Feuer und Zorn“ von sich reden, in dem Autor Michael Wolff – zu erheblichen Teilen auf Bannons Aussagen gestützt – kein allzu positives Bild von den Zuständen im Weißen Haus zeichnete. Die Kernaussagen des Buches bleiben auf der Veranstaltung in Zürich unbestritten. 

In seinem Vortrag kommt Bannon nach einem Rückblick auf den US-Präsidentschaftswahlkampf schnell auf die Entwicklung in anderen Ländern zu sprechen. Deutschland erwähnt er explizit, die Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag, Alice Weidel, hatte er am Rande der Veranstaltung in einem Züricher Hotel getroffen. Und selbstredend erwähnt Bannon die Schweiz, jenes Land, wo alles angefangen habe. Damals, 1992, sei ein Mann namens Christoph Blocher aufgestanden, habe sich gegen das Establishment gestellt, für ein einziges Ziel: „Wir wollen ein souveränes Land sein!“ 

Heute gilt der Unternehmer Blocher als derjenige, der die Schweizer Volkspartei (SVP) groß gemacht hat. Anno 1992 spielte er eine herausragende Rolle in der Debatte über einen Beitritt der Schweiz zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Und Blocher trug wesentlich dazu bei, daß dieses Ansinnen der Schweizer Eliten per Volksentscheid am 6. Dezember 1992 abgelehnt wurde. Für Bannon ist Blocher damit „Trump before Trump“. Der Republikaner verdanke seine Wahl letztlich der Politik jenes Establishments, das sich auf Kosten der Bürger selbst bereichere. Das Gebaren der Notenbanken, die Unterstützung des chinesischen Aufstieg durch westliche Eliten oder die Einwanderungspolitik in den USA wie in Europa – all das wirke sich so negativ aus, daß viele Menschen das Vertrauen in diese Eliten und die ihnen nahestehenden Medien verloren hätten. „Schauen Sie, was jüngst in Italien passierte“, sagt Bannon. „Wieder eine Wahl gegen das Establishment.“ Man könne es eben nicht dem sizilianischen Arbeiter überlassen, die Probleme Afrikas zu lösen. 

Auf den Vortrag folgt eine Fragerunde, moderiert von Roger Köppel, der Bannon durchaus kritisch in die Mangel nimmt, ihn mit den Vorwürfen konfrontiert, die in Leitmedien – auch in der Schweiz – gegen ihn erhoben haben: Rassismus, Antisemitismus, gar das Befürworten der „White Supremacy“-Ideologie. Bannon weist all das von sich, bezeichnet solche Darstellungen als „Fake News“. Er entstamme den „Blue Collars“, der Arbeiterklasse, sei in einer gemischten Nachbarschaft aufgewachsen. Er habe nie etwas „Rassistisches“ geschrieben und sich zuletzt als Trumps Berater für den Umzug der israelischen US-Botschaft nach Jerusalem stark gemacht. 

Und US-Präsident Donald Trump?  Der ist in Bannons Augen nach wie vor der richtige Mann für diesen Job – und das Chaos im Weißen Haus offenbar  ein notwendiger Teil jener „populistischen Revolte“.