© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/18 / 23. März 2018

Zeitschriftenkritik: Fluter
Verbeugungen vor dem Zeitgeist
Werner Olles

Natürlich sind Ahmed und Mohammed, die Jungs vom „bayrisch-syrisch-somalischen Integrationsprojekt“ in Bartholomäus von Lafferts Beitrag „Die Sache mit Oma“ „friedfertig wie handzahme Chihuahuas“. Aber Oma möchte die Asylanten nicht im Haus haben, und der Enkel beschimpft sie daraufhin als „Nazi“; ihr Gebrüll interessiere ihn nicht. Am Ende des Gesprächs empfiehlt er ihr, endlich eine Partei zu wählen, die ihre Interessen vertritt, anstatt seit 50 Jahren CSU, und Oma sieht ein, daß es wohl besser sei, „das mit dem Wählen einfach den Jungen zu überlassen“.

Fluter, das vierteljährlich erscheinende Magazin der Bundeszentrale für politische Bildung, stürzt sich in seiner aktuellen Ausgabe (Nr. 65/Winter 2017/2018) auf das Thema „Generationen“, und da darf auch nicht die Geschichte der jungen Türkin Fatma Aydemir (31) fehlen, deren Roman „Ellbogen“ von „drei Freundinnen mit Migrationshintergrund“ handelt, deren Frust über den „Alltagsrassismus“ in Deutschland in einer Gewalttat mündet. Fatma erzählt in ihrem Beitrag „Eine für alle“ von ihrer Schulzeit, in der ihr Name und ihr Aussehen „sowieso dafür sorgten, daß ich benachteiligt wurde“. So spielt sie die „gefährliche Ausländerin, respekt- und disziplinlos“, beschimpft ihre deutschen Mitschüler als „Kartoffeln“, brüllt einer Lehrerin ins Gesicht, daß sie rassistisch sei, und läßt sich von ihren Eltern erklären, was „institutioneller Rassismus“ ist. In Deutschland sind das die besten Voraussetzungen für eine Karriere als erfolgreiche Schriftstellerin!

Alles wie gehabt, könnte man sagen, Politische Korrektheit und servile Verbeugungen vor dem Zeitgeist dominieren. Doch der Fluter ist manchmal für Überraschungen gut. Diesmal ist es ein Beitrag über die Santeria-Religion auf Kuba, der eindrucksvoll die Rituale dieser von den ersten schwarzen Sklaven aus Westafrika in die Karibik und nach Lateinamerika importierten Naturreligion schildert. Die Santeria ist, ähnlich wie Voodoo auf Haiti oder Macumba und Candomblé in Brasilien, eine synkretistische Religion, die afrikanische Riten und Bräuche mit einem Schuß Katholizismus mischt. Auf Kuba seit 1992 als „Staatsreligion“ anerkannt, ist sie dort ein „Gemeinschaftsprojekt“, das Generationen, Rassen, katholischen Glauben, traditionelle Heilweisen, Ahnen- und Heiligenverehrung unter einem Dach vereint. Die „orishas“ genannten Geister und Götter sind teilweise mit katholischen Heiligen deckungsgleich. Zwar hält die Kirche offiziell wenig von den mystischen Praktiken der Santeros, die auch Tieropfer umfassen, toleriert sie jedoch weitgehend. Anders als im haitianischen Voodoo verzichtet die Santeria allerdings auf Schwarze Magie.

Berührend sind auch die Beiträge über Kinder von Eltern, die in der DDR Stasi-Mitarbeiter waren, sowie über die polnische Pflegerin Ewa Sobczak, die einer alten Dame, die einen Schlaganfall erlitten hat, Tag und Nacht zur Seite steht.

Kontakt: Bundeszentrale für politische Bildung, Konrad-Adenauer-Allee 86, 53113 Bonn. Telefon: 0228 / 9 95 15-0 Das Abonnement ist kostenlos.

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