© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/18 / 30. März 2018

Auf der Suche nach Bundesgenossen
Südafrika: Der Kampf um die Bodenenteignung eskaliert / Niederländer sehen sich in der Verantwortung
Mina Buts

Auch in Südafrika verstrich der „Internationale Tag gegen Rassismus“ in diesem Jahr nicht ungenutzt: Der schwarze südafrikanische Politiker Julius Malema (37) von der linkspopulistischen Partei der Ökonomischen Freiheitskämpfer (EFF) hatte wenige Tage zuvor im Parlament den Antrag eingebracht, weiße Farmer künftig entschädigungslos enteignen zu können. Die Abstimmung über diesen Gesetzentwurf findet zwar erst im August statt, die Annahme gilt aber als sicher. Nachdem der australische Einwanderungsminister Peter Dutton ankündigt hatte, sein Land würde jeden auf diese Weise besitzlos Gewordenen dann eine neue Heimat bieten, überschüttete Malema seine weißen Landsleute am Antirassismustag mit Häme: „Macht bloß keinen Lärm, wenn ihr geht. Das irritiert uns nur. Und wenn ihr Rassisten nach Australien geht, dann laßt die Schlüssel für eure Geräte und Häuser da.“ 

 „Rassismus gegen Weiße“ findet landesweit Anklang

Malema steht in Südafrika mit seinem „Rassismus gegen Weiße“ keineswegs allein. Die Regierungspartei ANC unterstützt die EEF in ihren Auffassungen mehr oder weniger offen, hofft sie doch, durch die Enteignung weißer Farmer und die Übertragung des Landes an arme Schwarze neue Wähler zu gewinnen und damit mittelfristig die EEF, die bei den letzten Parlamentswahlen auf Anhieb jede zehnte Wählerstimme gewannen und vor allem bei schwarzen Jugendlichen erfolgreich sind, wieder das Wasser abgraben zu können. 

Unterdessen geraten die weißen Afrikaner, die immerhin 8,5 Prozent der Bewohner des Landes stellen, immer stärker unter Druck. Afrikaans, die Sprache der einst überwiegend aus den Niederlanden und Flandern stammenden ersten Siedler, ist zwar immer noch eine der offiziellen  Landessprachen, aber im Parlament als „beleidigende Sprache“ nicht mehr zugelassen. Die meisten Weißen sind – immer noch – wohlhabend, und genau dies ist den  Schwarzafrikanern ein Dorn im Auge. Denn die Aufhebung der Rassentrennung, vom Ausland befördert und bejubelt, hat keineswegs zur erhofften Schaffung einer „Regenbogennation“, bei der Schwarze und Weiße einträglich miteinander leben, geführt. 

Flamen fordern Aussetzen der Entwicklungshilfe

Nach wie vor ist die wohlhabendere Oberschicht überwiegend weiß, das Land ertrinkt in Korruption und Kriminalität und hat eine der höchsten Mordraten weltweit. Zwar waren von den 19.000 Mordopfern im Jahr 2016 nur 0,4 Prozent weiß, doch werden die „Boere“, das afrikaanse Wort für weiße Farmer, gezielt durch „Plaasmoorde“ eingeschüchtert. Dabei handelt es sich um Angriffe auf die oft abgelegenen Ländereien, bei denen nicht nur geraubt, gebrandschatzt, gefoltert, sondern oft sogar gemordet wird. 

Wie viele dieser Übergriffe seit dem Ende des Apartheidsregimes stattgefunden haben, läßt sich nicht genau beziffern, da die Polizeistatistik die Hautfarbe von Opfern und Tätern nicht ausweist. Schätzungengehen von bis zu 77.000 Übergriffen seit 1994 aus. Wie brutal und schonungslos die Täter teilweise vorgehen, erzählen die „Blood Sisters“ Eileen de Jager und Reolien Schutte, die – von der Regierung bezahlt – an die Tatorte geschickt werden, um die  Spuren der Übergriffe zu beseitigen. Sie berichten von Verbrühungen, Folterungen, Vergewaltigungen bis hin zur Hinrichtung selbst kleinster Kinder. 

Im Oktober 2017 protestierten 10.000 schwarzgekleidete Weiße, darunter auch die Bürgermeisterin von Kapstadt, Patricia de Lille, und die Präsidentin der Region Westkap, Helen Zille, unter dem Motto „Genug ist genug“ gegen  die „Plaasmoorde“. Das nahm die niederländische Zeitung De Volkskrant zum Anlaß, die Niederländer an ihre Verantwortung zu ermahnen: In den 1990er Jahren hätten sie zu den Vorreitern der Abschaffung der Rassentrennung gehört, nun sollten sie sich auch ihrer Verantwortung gegen den Genozid an Weißen bewußt werden. In Belgien schaffte es das Thema bis ins Parlament: Im Flämischen Parlament forderten Vertreter des Vlaams Belang (VB) und der nationalkonservativen N-VA  ein Aussetzen der Entwicklungshilfe für Südafrika, solange der Genozid und die drohenden Enteignungen nicht geahndet würden. Chris Janssens (VB) und Marc Hendrickx (N-VA) verwiesen auf eine parallele Entwicklung in Simbabwe, das sich nach der Vertreibung der Weißen von der einstigen Kornkammer Afrikas zum Armenhaus des Kontinents entwickelt habe.

 Die weißen Südafrikaner suchen unterdessen Bundesgenossen. So ist Pieter Groenewald, Vorsitzender der Freiheitsfront Plus, die mit vier Sitzen im Parlament vertreten ist, zur Zeit in Belgien, um bei der „Organisation der nicht-repräsentierten Nationen und Völker“ (UNPO) die Sorgen der Buren vorzutragen, auch bei der Jugendorganisation des Vlaams Belang in Gent trägt er vor.