© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/18 / 30. März 2018

Blick in die Medien
Polizei vs. Meinungspolizei
Tobias Dahlbrügge

Im neuen Pressekodex werden Journalisten angehalten, möglichst nicht über „Nationalitäten und Gruppenzugehörigkeiten“ von Kriminellen zu berichten, um „diskriminierenden Verallgemeinerungen“ vorzubeugen. Die „bloße Neugier“ der Leser sei kein Grund, die Herkunft zu nennen. Folglich ist meist von ominösen „Männern“ oder „Jugendlichen“ zu lesen, die schnell mit dem Messer bei der Hand sind oder ÖPNV-Nutzer attackieren.

Die Polizei unterliegt dem Pressekodex für Journalisten nicht. Daher geben die Pressemitteilungen der Polizeidienststellen oft mehr Auskünfte als die Zeitungsartikel. Nun stellt die Polizei diese Meldungen nicht nur auf Presseportalen bereits, sondern kommuniziert sie über eigene Kanäle wie Facebook und Twitter selbst. Somit können Nachrichtenkonsumenten ganz einfach die Meldungen ihrer Polizei mit denen ihrer Lokalmedien vergleichen – und häufig feststellen, daß in der Zeitung eine bestimmte Information über Straftäter im Redaktionsfilter hängengeblieben ist.

Die unterschiedliche Informationsqualität wird als Indiz für eine „Lügenpresse“ gesehen.

Das findet der Presserat-Sprecher Manfred Protze sehr bedenklich. Er klagt, die Medien gerieten durch die Informationstätigkeit der Polizei in ein „objektives Wettbewerbsverhältnis“. Und das, wo man doch bisher im Alleinbesitz der Wahrheit war. Schlimmer noch: Protze kritisiert, daß Bürger die unterschiedliche Informationsqualität als Indiz für eine „angeblich wahrheitswidrige Berichterstattung“ mißbrauchen.

Da die Polizei nicht dem Presserat untersteht, schreit Protze nach der Politik. Die sei nun „gefordert“ und müsse klären, „welche ethische Verantwortung die Polizei“ habe. Dabei droht er präventiv: „Wenn die politisch Verantwortlichen das für die Polizei entscheiden, müssen sie das auch politisch begründen und verantworten.“ Typen wie Protze halten Journalisten nicht für Berichterstatter, sondern für Meinungspolizisten.