© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/18 / 06. April 2018

Besonders Juden haben Angst
Religiöses Mobbing an Schulen: Der Antisemitismus muslimischer Schüler trifft alle
Ronald Berthold

Deutschlands Schulen haben sich zu Orten des religiösen Furors entwickelt. Selbst Zweitkläßler erhalten inzwischen Morddrohungen, wenn sie sich nicht islamisch verhalten. Der Fall einer siebenjährigen Berlinerin hat bundesweit Schlagzeilen gemacht – doch es handelt sich nicht um einen Einzelfall, und das Phänomen ist auch nicht neu. Neu ist nur, daß vereinzelt darüber berichtet wird.

Daß diese Geschichte überhaupt öffentlich wurde, lag offenbar daran, daß Journalisten einen antisemitischen Hintergrund annahmen. Doch der Vater des Opfers stellt gegenüber der Berliner Zeitung klar, der Mitschüler habe zunächst gar nichts von einem jüdischen Elternteil gewußt: „Es geht darum, daß Kinder aus muslimischen Elternhäusern andere Kinder verfolgen oder mobben, nur weil sie nicht an Allah glauben.“ Dabei sei völlig egal, ob es sich um Christen, Atheisten, Juden oder andere handele. Wie in weiteren Fällen auch hatten die Eltern Politik, Bildungsverwaltung und Schulleitung eingeschaltet. Doch es geschah nichts.

Inzwischen berichten immer mehr Erziehungsberechtigte von ähnlichen Drangsalierungen ihrer Kinder. Eine Mutter aus Frankfurt am Main erzählt: „Meine Tochter (Vater Südländer, ich Deutsche) wurde derartig von muslimischen Mädchen gemobbt, daß wir sie zum Schutz aus der Schule nehmen mußten.“ Bereits seit Jahren wird der Gang zum Unterricht für viele Kinder zum Spießrutenlauf. 

Im nordrhein-westfälischen Ennepetal reichte kürzlich der Verzehr von Gummibärchen für massive Attacken muslimischer Schüler. Grund: die darin enthaltene Schweine-Gelatine. Die Bedrohungen wurden so schlimm, daß die Schulleiterin in einem Elternbrief an die „Religionsfreiheit“ erinnerte. 

Ein solch offenes Wort kann fatale Folgen haben. Wer das Thema anspricht, muß um seinen Arbeitsplatz fürchten. So hat kürzlich ein Berliner Bezirksamt einen Sozialarbeiter entlassen, nachdem er die Deutschenfeindlichkeit ausländischer Kinder während einer Elternversammlung angedeutet hatte.

Nicht selten werden Schilderungen über die Mißhandlungen deutscher Kinder zu Fremdenfeindlichkeit und Islamophobie umgedeutet sowie dienstrechtlich geahndet. Ergebnis: Kaum jemand traut sich, das Leid einheimischer Schüler anzusprechen – und wenn, dann nur anonym. 

Außerdem fürchten Eltern der Opfer Angriffe der Antifa, wenn sie die Zustände thematisieren. In einem gesellschaftlichen, politischen und medialen Klima, das Zuwanderer als Bereicherung verklärt und Kritik am Verhalten der Migranten als Rechtsextremismus brandmarkt, wird die Täter-Opfer-Rolle teilweise umgekehrt. Kinder und Eltern müssen sich oft rechtfertigen, wenn sie Feindseligkeiten beklagen.

Antisemitismus bleibt oft folgenlos

Als schuldig gelten dann zum Beispiel die Mädchen, die blonde Haare haben und kein Kopftuch tragen – so berichtet es eine Mutter, deren Kind auch wegen ihrer Haarfarbe angegriffen wurde, gegenüber Bild: „Der Schulleiter meinte nur: ‘Ihre Tochter muß ja nicht sagen, daß sie Deutsche ist. Außerdem können Sie ihr ja ein Kopftuch geben!’“ Das Mädchen aus christlichem Elternhaus sei „in der fünften Klasse nervlich zusammengebrochen. Sie hatte Weinkrämpfe und massive Angst, zur Schule zu gehen. Sie wurde geschlagen und auf dem Schulweg verbal attackiert.“ Da ihnen keinerlei Unterstützung zuteil wird, verlassen dann – wie in diesem Fall – die tyrannisierten Kinder die Schule. Die Täter bleiben und drangsalieren weiter. Einziger Ausweg für die Erziehungsberechtigten bleibt oft nur, die Kinder an einer kostspieligen Privatschule anzumelden. Seit 1992 haben sich die Schülerzahlen dort verdoppelt. Doch auch die verzweifelte Flucht aus dem öffentlichen Bildungswesen wird nun moralisch gegeißelt. Eine Studie im Auftrag der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung kritisierte Mitte März, daß Schüler von Zuwanderern aus finanziellen Gründen deutlich seltener private Einrichtungen besuchen könnten: „Daß soziale und ethnische Segregation durch das Privatschulwesen verstärkt werden, ist ein problematischer Befund“, heißt es darin. 

Der „soziale Zusammenhalt“ sei gefährdet und die „Solidarität“ bleibe auf der Strecke. Jüdische Kinder sind von Feindseligkeiten besonders stark betroffen. An deutschen Schulen  gedeiht ein aggressiver Antisemitismus, dem kaum Einhalt geboten wird. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Schuster, spricht im Zusammenhang mit den bekanntgewordenen Fällen von der „Spitze des Eisbergs“. Selbst an sogenannten „Schulen ohne Rassismus“ können Muslime jüdische Schüler relativ folgenlos zusammenschlagen. In Berlin-Schöneberg mußte ein 14jähriger jüdischer Junge eine „Schule ohne Rassismus“ verlassen, nachdem ihn arabische Jugendliche immer wieder verprügelt hatten. Die Täter dagegen konnten bleiben.

Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) forderte angesichts der jüngsten Ereignisse eine Meldepflicht für antisemitische Vorfälle: „In jedem Bundesland sollten die Schulen verpflichtet werden, solche Vorfälle konsequent der Schulverwaltung zu melden“, sagte der Politiker der Welt am Sonntag. Hier gelte „null Toleranz“, jeder Einzelfall müsse konsequent geahndet werden.