© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/18 / 13. April 2018

Debatte um Kopftuchverbot
Liberale Ambivalenz
Michael Paulwitz

Versuchen die Liberalen es doch noch mit Opposition? Jetzt drehen auch FDP-Chef Christian Lindner und sein Parteifreund, der NRW-„Integrationsminister“ Joachim Stamp, mit ihrer Forderung nach einem Kopftuchverbot für Mädchen unter vierzehn die Islam-Debatte weiter. Das allein belegt, wie der doppelte Druck von AfD-Konkurrenz und freiheitlich-konservativer Alternativregierung im Nachbarland Österreich den Diskurs in Deutschland verändert.

Das Verbot ist überfällig, dafür spricht schon der Eifer, mit dem Lehrerverbände und prominente säkulare Muslime darauf eingestiegen sind. Daß Stamp und Lindner von der türkis-blauen Koalition in Wien nicht auch die eindeutigere Forderung nach einem generellen Kopftuchverbot an Schulen und Kindergärten übernommen haben, ist eine FDP-typische Verwechslung von Verwässerung mit eigenem Profil.

Wie glaubwürdig das ist, wenn die FDP zeitgleich im Norden eine Kopftuchträgerin als Vorbild plakatiert, ist eine Sache. Die spannendere Frage ist, wie ein solches Verbot durchgesetzt werden soll, wenn in Brennpunktschulen heute schon Lehrkräfte vor ihren islamistischen Schülern zittern und von ihren Schulleitern im Stich gelassen werden. Wer es mit dem Kopftuch-Mummenschanz aufnehmen will, darf harte Konfrontationen und unbequeme Bilder nicht scheuen. Mal sehen, ob FDP-Minister das aushalten.