© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/18 / 13. April 2018

WerteUnion beschließt „Konservatives Manifest“
Realismus ist gefragt
Jörg Kürschner

Zur Programmatik der CDU befragt, entlarvte Parteichefin Angela Merkel die Beliebigkeit ihres Denkens vor einigen Jahren selbst: „Ich bin mal sozial, mal liberal, mal konservativ.“ Nimmt man sie beim Wort, müßte die Politikerin rasch Kontakt aufnehmen zur WerteUnion, die sich am vergangenen Wochenende laut und deutlich zum „Profil“ der CDU geäußert hat. Die Konservativen verstehen sich als „Anwälte der Unterschiede“, wollen die traditionelle Ehe stärken, die doppelte Staasbürgerschaft abschaffen und lehnen die Masseneinwanderung ab. 

Nach der schweren Wahlniederlage hat sich die Wahrnehmung der Konservativen verändert. Dafür spricht das lobende Grußwort des neuen Bundesministers Jens Spahn. Selbst die bekennende Merkelianerin, Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer, forderte die Konservativen indirekt zur Mitarbeit am neuen Grundsatzprogramm der CDU auf. Ihre überraschende Wertschätzung haben die Konservativen der AfD zu verdanken. Ohne deren Wahlerfolge, die mit den Verlusten der CDU einhergehen, hätte die WerteUnion Resonanz bei Politikwissenschaftlern gefunden, nicht jedoch bei Politikern. Sprecher Alexander Mitsch wird sich aber erinnern, daß bereits Helmut Kohl Anfang der achtziger Jahre eine „geistig-moralische Wende“ gefordert hatte. Die Ankündigung blieb folgenlos. Realismus ist deshalb gefragt, so verdienstvoll das beschlossene „Konservative Manifest“ auch ist.