© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/18 / 13. April 2018

Dem Würgegriff der Korruption entkommen
Rumänien: Die Opposition – darunter das Demokratische Forum der Deutschen – startet die Volksinitiative „Ohne Straftäter in öffentlichen Ämtern“
Björn Harms

Ein Anfang März von der EU veröffentlichter Zustandsbericht über Rumänien läßt wenig Raum für Hoffnung. „Die Korruption beherrscht alle Ebenen“, so die ernüchternde Zusammenfassung der Expertenkommission. Eine Besserung sei kaum in Sicht. Tatsächlich konzentriert sich die politische Agenda der seit Januar 2017 regierenden Koalition aus Sozialdemokraten (PSD) und Liberalen (ALDE) auf das Gegenteil – eine Entschärfung der Antikorruptionsgesetze. Auch die Massenproteste der rumänischen Bevölkerung scheinen die Regierung nur wenig zu beeindrucken. Aus Sicht des Parteivorsitzenden der PSD, Liviu Dragnea, bilden Demonstranten und Opposition ohnehin nur einen „illegitimen Parallelstaat“, der Rumänien gekapert hat, um unter dem Vorwand des Kampfes gegen die Korruption unliebsame Gegner zu beseitigen. Dragnea selbst darf aufgrund von Vorstrafen kein Regierungsamt bekleiden. Seinem Einfluß auf das politische Geschehen hat dies kaum geschadet, er gilt weiterhin als „Strippenzieher“ im Hintergrund.

Deutsche Gemeinschaft sieht ihre Ideale vertreten 

„Dragnea hat die politische Moral in Rumänien auf das niedrigste Niveau aller Zeiten gebracht“, beklagt auch der Vorsitzende der Oppositionspartei USR, Dan Barna. In der vergangenen Woche hatte er gemeinsam mit dem Landesvorsitzenden des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR), Paul-Jürgen Porr, unter dem Motto „Ohne Straftäter in öffentlichen Ämtern“ eine neue Volksinitiative vorgestellt. Anträge im Parlament werden beinahe routinemäßig von der Regierung abgelehnt, und so soll der Druck nun von einer breiten Bevölkerungsschicht kommen. „Es ist eine Initiative, die sich an alle Bürger wendet, vor allem aber an die Zivilgesellschaft“, erklärt Porr gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Die deutsche Gemeinschaft in Siebenbürgen fühle sich diesen Idealen verpflichtet. Daher habe sich das DFDR der USR-Initiative sofort angeschlossen.

Ausdrückliches Ziel der Organisatoren ist eine Änderung der Verfassung. Demnach soll Strafverurteilten die Möglichkeit genommen werden, für öffentliche Ämter in der Lokalverwaltung, der Abgeordnetenkammer, dem Senat und die Staatspräsidentschaft zu kandidieren. 

Innerhalb von sechs Monaten sind die Bürger Rumäniens nun eingeladen, die Initiative zu unterzeichnen. Das Problem: Neben der Sammlung von 500.000 Unterschriften aus mindestens der Hälfte der rumänischen Landkreise, benötigt die Initiative eine Zweidrittelmehrheit im Parlament. Porr sieht die Sache realistisch. „Das Parlament wird die Initiative letztendlich blockieren. Moral ist für sie leider kein Begriff.“ Auch die restliche Opposition werde sich dem Antrag verschließen, „weil die Initiative nicht von ihnen kommt“.

Gleichzeitig rechnet der 67jährige mit „Schikanen gegen einzelne, wie das auch im Wahlkampf 2014 vom derzeitigen Präsidenten Klaus Johannis (PNL) der Fall war“. 

Der Siebenbürgener Johannis hatte seinerzeit versprochen, die Korruption in Rumänien zu bekämpfen und die Unabhängigkeit der Justiz zu verbessern. Damit geriet er unvermittelt ins Visier der Regierungspartei PSD. In einer Schmutzkampagne warfen sie ihm vor, „ein ausländischer Agent und Separatist“ zu sein, der „das Land zerreißen“ wolle. Er habe Kinder an Organhändler verkauft und öffentliche Gelder veruntreut, wobei sich die Vorwürfe später als haltlos erwiesen. Auch Paul-Jürgen Porr prozessierte bereits in drei Fällen gegen korrupte Politiker, bevor ihm der Oberste Gerichtshof nach zwei Jahren in allen Verfahren recht gab.