© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/18 / 27. April 2018

Der hohe Ölpreisanstieg konterkariert die Rußlandsanktionen
Ideologische Dickschädel
Thomas Fasbender

Washington will es wissen. Nach Jahren eher harmloser Sanktionen schneiden die jüngsten Maßnahmen tief ins Fleisch der russischen Oligarchenwirtschaft. Im Zentrum steht der zweitgrößte Aluminiumproduzent der Welt, Rusal. Seither verweigern die Banken Kredite, und Rohstoffhändler signalisieren: nicht mehr mit uns. Der US-Arm ist lang. Nicht ohne Grund ist die Rusal-Aktie um 40 Prozent eingebrochen, der Rubel hat fast zehn Prozent verloren. Gleichzeitig steigt der Ölpreis innerhalb eines Jahres von unter 50 auf fast 70 Dollar, wie immer in Spannungszeiten.

Es ist dieser Zusammenhang, der Rußland wirtschaftlich so widerstandsfähig macht. Der hohe Preis fürs schwarze Gold bringt Devisen, und der schwache Rubel steigert zusätzlich die Einnahmen des Staatshaushalts aus der Öl-Exportsteuer. Derzeit greift der Kreml Rusal und anderen betroffenen Firmen unter die Arme. Wer glaubt, so die Oligarchen gegen ihren Präsidenten zu mobilisieren, hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Die Rußland AG ist intakt. Wirtschaftssanktionen könnten das Land nur niederzwingen, wenn sie wie gegen den Iran weltweit wirkten. Das aber ist illusorisch; nicht-westliche Länder begleiten das zähe Rußland mit Sympathie. Die Sehnsucht nach einer multipolaren Ordnung als Alternative zum westlich dominierten Regelsystem ist weit verbreitet.

Der Westen wird den Sanktionskrieg nicht gewinnen. Am Ende, wenn den Kämpen die Luft ausgeht, steht irgendwann ein teuer erkauftes Patt. Leider zerbricht die kaufmännische Einsicht, daß Rußland und Deutschland Wirtschaftspartner sind und keine politischen Gegner, am ideologischen Dickschädel der Berliner Politiker. Die sehen in Rußland den Rivalen der USA, den es zu bekämpfen gilt. Und weil es noch so viel Öl gibt, das man ins Feuer gießen kann, leisten wir uns einen Außenminister, der lustvoll ins Horn des Freien Westens stößt. Währenddessen das Erbe der sozialdemokratischen Entspannungspolitik in Flammen aufgeht.