© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/18 / 04. Mai 2018

Strafminderung dank fehlender Deutschkenntnisse
Keine Frucht von Einsicht
Günter Bertram

Eine schlechthin „richtige“ Strafzumessung gibt es nicht. Hier läßt das Gesetz dem Richter einen erheblichen Spielraum für Ermessenserwägungen. Was dem Landgericht Zwickau als Berufungsgericht allerdings zur Begründung eingefallen ist, die amtsgerichtliche Verurteilung eines illegalen algerischen Wiederholungs- und Intensivtäters von dreieinhalb Jahren um ein ganzes Jahr zu verkürzen, kann kaum noch als vernünftig gelten: Ein angebliches Geständnis des Täters? Dieser kühl kalkulierte „Deal“ der Prozeßbeteiligten ist keine Frucht von Einsicht und Reue. 

Wenn das Gericht herausstreicht, der Verurteilte müsse im Haftvollzug deshalb unverhältnismäßig leiden, weil er kein Deutsch verstehe und kulturell hilflos sei, so ist das freilich grotesk. Denn unsere Strafanstalten sind inzwischen so stark von Ausländern bevölkert, daß oft nicht diese, sondern deutsche Gefangene sich verloren fühlen. Auch wenn dies für Zwickau nicht zutreffen sollte, ist dergleichen kein Argument. Denn eine selbst gewählte Zivilisationsfremdheit kann nach Gesetz und schlichter Vernunft nicht mildernd veranschlagt werden. Alle maßgeblichen Strafzwecke verbieten das, nicht zuletzt ein generalpräventiver, der auch danach fragt, was man hier in den Köpfen der rechtstreuen Deutschen anrichtet. 






Günter Bertram war Vorsitzender Richter am Landgericht Hamburg.