© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/18 / 04. Mai 2018

Bakschisch aus Baku
Schmiergeldaffäre: Trotz Korruptionsvorwürfen will die CDU-Bundestagsabgeordnete Karin Strenz ihr Mandat behalten / „Kein Anlaß für Ausschluß aus Fraktion“
Paul Rosen

Als Spiegelbild des Volkes gilt der Bundestag – mit allen Höhen und Tiefen. In den Niederungen läßt sich wohl Karin Strenz verorten, eine CDU-Abgeordnete aus dem nordwestmecklenburgischen Goldberg. Ihr wird vorgeworfen, Geld aus Aserbaidschan angenommen zu haben. 

Wer verstehen will, warum eine Abgeordnete des Bundestages Geld aus Aserbaidschan angenommen haben könnte, muß einen Umweg über Straßburg machen. Dort residiert der Europarat, dem 47 Länder angehören und in dem auch Abgeordnete vertreten sind. Der Europarat kümmert sich um die Einhaltung von Menschenrechten; für autoritäre Regierungen wie die von Aserbaidschan ist der Europarat eine willkommene Gelegenheit, sich ein demokratisches Mäntelchen umzuhängen. Dazu bedarf es aber einflußreicher Anziehhilfen, und die fand die Regierung in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku in Eduard Lintner, einem früheren CSU-Bundestagsabgeordneten, der bis zum Parlamentarischen Staatssekretär aufstieg. Was macht so einer, wenn die politische Karriere endet, weil andere an die Berliner Fleischtöpfe wollen? Er versucht sich als Lobbyist, und dafür hatte Lintner, der als Ex-Abgeordneter jederzeit in die Bundestagsgebäude darf sowie an Fraktions- und Landesgruppensitzungen teilnehmen kann, beste  Voraussetzungen. Lintner gründete ein aus Aserbaidschan finanziertes Netzwerk namens „Gesellschaft zur Förderung der deutsch-aserbaidschanischen Beziehungen“ und eine Firma Line M-Tech. 

2010 lud Lintner Politiker zur Beobachtung von Wahlen in Aserbaidschan ein. Mit dabei war Karin Strenz, die fünf Jahre später sogar als offizielle Wahlbeobachterin des Europarates nach Aserbaidschan fuhr. Strenz war aber nicht allein. Nach Angaben der Neuen Zürcher Zeitung „war Beobachtern wie der Denkfabrik European Stability Initiative (ESI) schon lange aufgefallen, daß Berichterstatter des Europarates Verstöße gegen Menschenrechte in Aserbaidschan milde oder gar nicht kritisiert hatten“. 

Unter Korruptionsverdacht stand selbst der Präsident der Europarats-Versammlung, der Spanier Pedro Agrarmunt, der aber erst 2017 zurücktrat, weil er sich unautorisiert mit dem syrischen Präsidenten Assad getroffen hatte. Auch der Italiener Luca Volontè, Fraktionschef der christlich-demokratischen EVP, mußte gehen, weil über eine Stiftung und eine Firma seiner Frau 2,4 Millionen Euro aus Aserbaidschan geflossen sein sollen. Lintner soll rund 800.000 Euro von aserbaidschanischen Geldgebern erhalten haben, wozu dieser auf Nachfrage erklärte: „Es gab keinerlei inkorrekte Zahlungen aus Aserbaidschan.“   

Dagegen ist Strenz ein kleines Licht. Sie erhielt Geld von Lintners Line M-Tech – und zwar 22.491 Euro. Sie selbst erklärt, nicht gewußt zu haben, daß das Geld aus Aserbaidschan gekommen sein soll. Ein Untersuchungsbericht des Europarats wirft Strenz vor, sie hätte wissen müssen, daß das Geld von Line M-Tech in Wirklichkeit aus Aserbaidschan stammte. Die „besonderen Beziehungen“ Lintners zu Aserbaidschan habe sie nicht übersehen können. Die CDU-Abgeordnete beteuert ihre Unschuld. Selbst als sie von der Unionsfraktion nicht mehr in den Europarat entsandt wurde, erklärte sie: „Aufgrund der mangelnden Wertschätzung des Europarates hinsichtlich meines erheblichen Engagements für den Europarat, insbesondere durch Delegationskollegen, werde ich für eine weitere Mitgliedschaft nicht mehr zur Verfügung stehen.“

Ihr Bundestagsmandat will Strenz nicht niederlegen, da der Druck aus den eigenen Reihen eigenartigerweise nicht steigt. „Für mich besteht kein Anlaß, Frau Strenz wegen des Verstoßes gegen Verhaltensregeln aus der Fraktion auszuschließen“, erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Michael Grosse-Bröhmer, obwohl SPD, Linke und Grüne einen Ausschluß oder eine Mandatsniederlegung fordern.