© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/18 / 04. Mai 2018

Ein Kevin-Schicksal vermeiden
Mehrere Aktionen wollen den unbeliebter werdenden Vornamen Josef wiederbeleben
Verena Rosenkranz

Sepp, Beppi, Sepperl oder Josi. Wer in den Achtzigern noch den Namen Josef und damit einen der dazugehörigen Spitznamen trug, der konnte sich in der Schulklasse einreihen neben seine Namensgefährten. Bis in die neunziger Jahre war der Männervorname regelmäßig auf Platz 5 bis 30 zu finden. Nicht so heute, wo halb Süddeutschland samt Österreich um den Fortbestand des weltbekannten Namens zittern muß. Nur noch auf Platz 165 ist der einstige Spitzenreiter heute zu finden – ganz zur Sorge vor allem der Bayern. In dem stark katholisch geprägten Land war es bis vor wenigen Jahren eine Art Selbstverständlichkeit, zumindest einen Sohn nach dem biblischen Bräutigam der Jesusmutter zu benennen. 

Josef machte in der Kirche nämlich ordentlich Karriere. Im Jahr 1870 wurde er zum Schutzheiligen der ganzen Kirche ernannt. Der heilige Josef ist seitdem Schutzherr zahlloser Namensträger und vieler Pfarrkirchen, Klöster, Kapellen und Ordensgemeinschaften. Er gilt als Schutzheiliger der Zimmerer, Schreiner, Wagner und Holzfäller. Josef wird meist mit Beil, Säge und Winkel dargestellt, da er der Überlieferung nach ein Zimmermann war.

Im Fürstentum Liechtenstein, in Kolumbien, in Teilen Spaniens und in einigen Kantonen der Schweiz ist der Josefstag nach wie vor ein gesetzlicher Feiertag. In den österreichischen Bundesländern Tirol, Vorarlberg, Kärnten und der Steiermark ist sogar schulfrei, und die Ämter bleiben geschlossen. Erstaunlicherweise wurde gerade in Bayern bereits 1969 der gesetzliche Feiertag zur Ehre des Josefs abgeschafft. Mit Hilfe des Vereins „Königlich-Bayerische-Josefspartei“ soll aber nicht nur der Feiertag seine Wiedergeburt, sondern auch der Name einen neuen Frühling erleben. Immerhin könnte so dem Josefsbockbier oder den Josefikonzerten neuer Glanz verliehen werden. Verlorengegangen sind diese Traditionen nämlich trotz Abschaffung des Feiertags nicht und werden noch mit viel Liebe praktiziert. 

Am Parteitag des über 6.500 Seelen starken Vereins, der üblicherweise im Sommer in einem Festzelt und mit ausreichend Bier begangen wird, geht es jedoch längst nicht mehr so heiter zu, wie die Mitglieder es gerne hätten. 

Ein Namensgeld von 100 Euro winkt

Die Reihen der Josefs lichten sich, und eine Trendumkehr ist nicht in Sicht, der Altersschnitt steigt mit jedem Jahr. Eine angedachte „Gegenmaßna(h)me“ könnte das Begrüßungsgeld mancher Gemeinde für Eltern sein, die ihren Kindern den traditionellen Namen wieder geben. Bis zu 100 Euro erhalten josefbewußte Paare bereits jetzt. Offenbar allerdings viel zu wenig, nehmen doch die Justins oder aber auch Mohammeds erschreckend schnell zu. 

Eine Auflistung der gängigsten, aber auch skurrilsten Namen aus Berlin gibt nicht nur Aufschluß über die hohe Geburtenrate unter den Migranten, sondern auch wie es um die Millenniumsgeneration bestellt ist. Fips und Alf tauchen dort ebenso auf wie Trinity, Hopfen oder Wisdom. Im Gegensatz zu dem Namen Josef haben derlei Einfälle allerdings wenig Bestand. Die Haltbarkeit bestimmter Trendnamen läßt sich gut an den Schicksalen der Kevins, Jennifers und Michelles ablesen. Kevin betrat 1988 zumindest in Österreich mit Platz 37 die Namenscharts, kletterte 1993 auf seinen persönlichen Höhepunkt von Platz 19, den er eine Zeitlang behaupten konnte. 2009 lag Kevin auf Platz 51 und stürzte danach weiter ab – die Zeit von Ben, Tim, Yannick und Nicolas war angebrochen. 

Wegen derlei Schnellebigkeit scheinen sich diese Namen wenig ins Kulturgut der Bevölkerung einzubrennen. Ganz im Gegensatz zum guten alten Josef, der zumindest in einigen Bauernregeln zum Namenstag am 19. März weiterlebt. „Ist’s am Josephstag klar, folgt ein fruchtbar’ Jahr!“, verspricht der Landkalender. „Ist’s Josef klar, gibt’s ein gutes Honigjahr“ oder „Wenn’s erst einmal Josefi ist, so endet auch der Winter gewiß“, prophezeihen uns höchst fachmännische Weisheiten. 

Eigentlich ein Grund mehr, um von Bozen bis Berlin für ein höheres „Begrüßungsgeld“ zu sammeln.