© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/18 / 11. Mai 2018

Blick in die Medien
Neuland im neuen Land
Tobias Dahlbrügge

Nicht nur das Internet ist „Neuland“ (Angela Merkel) – auch die neue Zeitschrift von „Flüchtlingen“. Das Gratisblatt NeuLand erscheint in München und wird von einem Trägerverein alimentiert, dessen bisher 32 Mitglieder das Projekt mit ihren Beiträgen finanzieren. Die Redaktion versteht sich als „Sprachrohr“ der „Flüchtlinge“, erklärt Sprecherin Caro Zwinz der Welt. In der Gazette dürfen „die Menschen, die zu uns gekommen sind“, ihre Storys erzählen, Kochrezepte aus ihren Heimatländern veröffentlichen und über ihre „Hoffnungen, Pläne und Ängste“ schreiben.

Wie wäre es mit den Hoffnungen und Ängsten der schon länger hier Lebenden?

Die Leser sollen das Schicksal der Zuwanderer „aus erster Hand erfahren“. Nur Politisches sei tabu, ergänzt Zwinz. Würde etwa ein Araber schreiben, die Deutschen sollten sich auch im Hochsommer züchtig bekleiden, würde das nicht gedruckt. Zur Redaktion gehören unter anderem zwei Studenten aus Syrien. Doch das Team arbeite nicht konstant. „Sie kommen und gehen“, berichtet Zwinz. „Sie schreiben mal mehr, mal weniger.“ Dementsprechend erschienen mal drei, mal vier Ausgaben pro Jahr. Die Mitarbeit sei ehrenamtlich. NeuLand wird vor allem von „Latte-Macchiato-trinkenden jungen Müttern in den Münchner Szenevierteln“ gelesen, sagt die Chefredakteurin ohne Ironie. „Die liberalen Milieus erreichen wir gut.“ Wer wollte das bezweifeln? 

Parallel zur gedruckten Ausgabe mit einer Auflage von 10.000 Exemplaren ist NeuLand mit einem Blog, einem Newsletter und „hoffentlich bald auch mit einem eigenen Podcast“ im Netz vertreten, so Zwinz. Nicht, daß ehrenamtliche Eigeninitiative nicht grundsätzlich zu loben wäre, aber vielleicht wären auch die „Hoffnungen und Ängste“ der „Menschen, die schon länger hier leben“ (Merkel) ein Thema für eine redaktionelle Betrachtung – mal abgesehen von Latte-Macchiato-Liberalen in den gentrifizierten Altbauvierteln, die sich ihre „Refugees Welcome“-Attitüde leisten können.