© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/18 / 18. Mai 2018

Ohne Gespür für den Unterschied der Epochen: Im Dienste der „Kriegsplanungen“
Senckenbergs braune Jahre
(ob)

Das Fiasko, das der Stern mit den schlecht gefälschten „Hitler-Tagebüchern“ erlebte, erklärte 1984 der FAZ-Redakteur Jürgen Busche damit, daß im Umgang mit der NS-Geschichte das „moralische Räsonnement“ stets für wichtiger gehalten wurde als das „kritische Verstehen“. Was dazu geführt habe, daß „selbst gebildete Deutsche unserer Zeit“ nicht wissen, wie die Menschen zwischen 1933 und 1945 dachten und fühlten. Der Verlust dieses Wissens und des „Gespürs für die Unterschiede der Epochen und Zeiträume“ sei ursächlich für die Hilflosigkeit im Umgang mit der NS-Herrschaft. Busches Befund ist heute, wo die Moral der Bewältigung endgültig jeden Ansatz kritischen Verstehens erstickt hat, aktueller denn je. Wie jedes der immer beliebter werdenden Forschungsprojekte zur Geschichte von Institutionen zeigt. So ist jetzt das Frankfurter Senckenberg-Museum durchleuchtet worden. Wobei weniger zwei „Göring-Elche“, Geschenke des Reichsjägermeisters für das Diorama einer Urlandschaft, als „belastend“ gelten, sondern die Tatsache, daß der Direktor Rudolf Richter mit den „Nazis bereitwillig kooperierte“ (Senckenberg. Natur – Forschung – Museum, 1–3/2018). Als besonders verwerflich sei ihm anzukreiden, daß Richter mikropaläontologische Forschungen in den Dienst der Erdölsuche gestellt und sein Museum damit an „Kriegsplanungen“ beteiligt habe. 


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