© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/18 / 01. Juni 2018

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Alternativlos?
Paul Rosen

Seit ihrem Einzug in den Bundestag sind AfD-Politiker in fast alle Gremien vorgestoßen. Nur der Einzug in den innersten Zirkel, in das Präsidium des Bundestages, blieb der AfD versperrt, nachdem Albrecht Glaser in mehreren Wahlgängen nicht gewählt worden war und der Ältestenrat daraufhin beschlossen hatte, keine Wahl mit dem Kandidaten Glaser mehr anzusetzen. Somit sind die etablierten Parteien unter sich in der engsten Führung, zu der neben Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) die Vizepräsidenten Thomas Oppermann (SPD), Hans-Peter Friedrich (CSU), Wolfgang Kubicki (FDP), Petra Paul (Linke) und Claudia Roth (Grüne) gehören. 

Dabei gehen die Aufgaben und Zuständigkeiten im Präsidium weit über die Leitung von Bundestagssitzungen hinaus. Auf Sitzungsleitungen könnte die AfD noch verzichten. Wichtiger wird es schon beim Personal. Die Bundestagsverwaltung ist mit rund 3.000 Mitarbeitern weit größer als die meisten Ministerien. Alle wichtigen Schaltstellen sind von SPD-Leuten besetzt, die dafür sorgen, daß bei Einstellungen überwiegend Sozialdemokraten und auch Grüne zum Zuge kommen, inzwischen sogar auch Anhänger der Linkspartei. Die wenigen CDU-Leute in der Verwaltung sprechen von völligem Versagen ihrer Führung in Personalangelegenheiten. Fraktionschef Volker Kauder reiche es,  wenn Direktor Horst Risse (oberster Beamter des Bundestages im Range eines Staatssekretärs) zur CDU gezählt werde. Alles andere werde den Sozis überlassen. 

Jede Personalentscheidung muß durch das Präsidium. Damit die Einstellungen und Besetzungen nicht im Streit enden, sondern im Einvernehmen entschieden werden können, werden gerne Pakete geschnürt. Ein AfD-Vizepräsident könnte den Etablierten hier beim Personal-Geschachere auf die Finger schauen und auch selbst dafür sorgen, daß zum Beispiel seine Büromitarbeiter eines Tages von den unsicheren Bänken der Abgeordnetenmitarbeiter einen sicheren Job in der Verwaltung bekommen. 

Im Präsidium wird außerdem über alle Reisen von Abgeordneten entschieden. In jüngster Zeit ging es um eine Reise der Bundestagsfußballer, die ein Rückspiel mit der Mannschaft der russischen Duma offen haben. Das Hinspiel war vor über zehn Jahren. Das Hinauszögern ist eine Peinlichkeit ohnegleichen. 

Nicht zuletzt gibt es wichtige Kommissionen, die von den Vizepräsidenten geleitet werden. Grünen-Poltikerin Roth ist etwa für die Mitarbeiter-Kommission zuständig, Petra Pau von den Linken für die Informationstechnologie, die im Bundestag aber unter keinem guten Stern steht. Es gibt bisher kein WLAN im Bundestag, aber dafür sind schon mal Hacker im Datennetz des Parlaments unterwegs.  

In der AfD-Fraktion ist natürlich angekommen, daß viele Entscheidungen im Bundestag fallen, ohne daß die größte Oppositionsfraktion etwas davon mitbekommt. Offiziell heißt es zwar, man halte am Kandidaten Glaser fest. Nach Informationen der JUNGEN FREIHEIT hat der Fraktionsvorstand allerdings schon über Alternativen für die Zeit nach Sommerpause und Landtagswahlen beraten.