© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/18 / 01. Juni 2018

„Reichtum des menschlichen Lebens“: Neuer Kompaß zur Rettung der Menschheit
Oxforder Donut-Ökonomie
(wm)

Kate Raworth zählt wie Naomi Klein zum Typ angelsächsische Intellektuelle, die behauptet, über ein Patentrezept zur Weltrettung zu verfügen. Anders als die perfekten, aber stets am Alltag scheiternden Pläne des dänischen Kleinkriminellen Egon Olsen müssen die Strategien Kleins oder Raworths jedoch keinen Praxistest bestehen. So braucht es die Oxforder Wirtschaftswissenschaftlerin Raworth auch nicht zu kümmern, ob es eine relevante Macht geben könnte, die bereit wäre, ihrem „radikal neuen Kompaß für die Menschheit in unserem Jahrhundert“ zu folgen. Diesen in den Blättern für deutsche und internationale Politik (5/2018) präsentierten Kompaß nennt sie „Donat-Ökonomie“. Eine Langfassung dieser „Ökonomie des guten Lebens“ ist parallel dazu im Münchner Hanser Verlag erschienen. Doch kurz wie lang: die Radikalität Raworths hält sich in engsten Grenzen. Und die Originalität ebenfalls, wenn sie ihre Arbeit in der Kontinuität alternativer Ökonomiemodelle von Jean Sismondi über Ernst Friedrich Schumacher zu Amartya Sen plaziert. Die „Donut-Ökonomie“ variiert deren Kernbotschaft, den „Reichtum des menschlichen Lebens und nicht den Reichtum der Wirtschaft zu fördern“, nur unwesentlich. Wer dieses  „humanistische Projekt“ praktisch umsetzen soll, verrät Raworth nicht. Nur, daß dafür zunächst die „Macht der Experten zu brechen ist“, steht schon fest. 


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