© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/18 / 08. Juni 2018

Dem politischen Islam entgegentreten
Dänemark: Das Parlament beschließt nach langjähriger Debatte ein Burkaverbot
Christoph Arndt

Das dänische Parlament hat am 31. Mai mit einer Mehrheit aus rechtsliberaler Venstre (V), der Dänischen Volkspartei (DF), den Konservativen und den Sozialdemokraten für ein Verbot von gesichtsbedeckenden Kleidungsstücken in der Öffentlichkeit (tildækningsforbud), was Burkas und Niqabs einschließt, gestimmt. Die auch in der Regierung vertretene Liberale Allianz hatte ihren Abgeordneten die Abstimmung freigestellt, so daß der von DF und Venstre vorangetriebene Vorstoß, ein Burkaverbot einzuführen, auch die Mandate der Sozialdemokraten benötigte.

Dänische Volkspartei brachte Verbot ins Spiel 

Diese einigten sich mit Venstre, DF und Konservativen auf einen Gesetzesvorschlag zu einem Verbot gesichtsbedeckender Kleidungsstücke, welches  zum 1. August in Kraft tritt. Die Sozialdemokraten stimmten dem Gesetz jedoch nur unter der Bedingung zu, daß das Verbot auch Maßnahmen gegen die soziale Kontrolle von Frauen sowie Hilfe für unterdrückte Frauen aus den islamistischen Milieus enthält.

Die Dänische Volkspartei hatte seit 2009 wiederholt ein Burkaverbot vorgeschlagen und dabei zuerst die Konservativen und schließlich die rechtsliberale Venstre als Verbündeten gewonnen. Venstre hatte zwar ein Burkaverbot jahrelang intern diskutiert, letztlich setzten sich die Befürworter erst 2017 durch. Die Gegner argumentierten, daß ein liberaler Staat keine Kleidungsvorschriften machen solle, während die Befürworter die Bekämpfung von Werthaltungen und religiösen Vorstellungen, die eine liberale Gesellschaft letztlich untergraben, als wesentliches Prinzip erachteten. Ministerpräsident Løkke Rasmussen bezeichnete Burkas in einem TV2- Interview „als das ultimative Mittel, aus der Gesellschaft auszustempeln, nicht nur der Gesellschaft den Rücken zuzukehren, sondern sich in Wirklichkeit komplett zu anonymisieren. Und das wollen wir nicht haben“.

Das Burkaverbot sieht beim erstmaligen Verstoß eine Strafe von 1.000 Kronen (134 Euro) vor, die im Wiederholungsfall auf bis zu 10.000 Kronen steigt (2. Verstoß 2.000 DKK, 3. Verstoß 5.000 DKK) und bei Nichtbezahlung eine Gefängnisstrafe nach sich ziehen kann. Um das Gesetz konform mit dem dänischen Grundgesetz zu machen, wurden inhaltliche Formulierungen angepaßt und das Gesetz nicht explizit Burka- oder Niqabverbot genannt, sondern Bedeckungsverbot. 

Dieses schließt auch Sturmhauben oder falsche Bärte zur Identitätsverschleierung ein, macht aber Ausnahmen etwa für Karnevalskostüme oder Sportveranstaltungen. Zudem werden bei Verdacht auf soziale Kontrolle von Frauen weitere Maßnahmen seitens der Polizei oder der Kommunen eingeleitet (Ermittlungen wegen sozialer Kontrolle oder neue Adressen für unterdrückte Frauen).

Das Burkaverbot ist nicht das erste Mal in jüngerer Zeit, daß die dänische Politik dem politischen Islam und den Parallelgesellschaften entgegentritt. Zudem ist die Dänische Volkspartei nicht mehr allein im Kampf gegen Parallelgesellschaften und politischen Islam, da die rechtsliberale Venstre bereits 2001 einen Paradigmenwechsel in der Zuwanderungspolitik einleitete, als sie unter Anders Fogh Rasmussen die Regierung übernahm. Unter dem Vorsitz Løkke Rasmussens setzt sich die aus liberalen Grundhaltungen und dänischen Interessen abgeleitete islamkritische Positionierung fort.

Dieser hatte im Anschluß an seine Neujahransprache der Gegenkultur und den Parallelgesellschaften bei nichtwestlichen Zuwanderern mit einem weitreichenden Maßnahmenkatalog (Ghettopaket) im Frühjahr den Kampf angesagt.

Zuvor hatte die rechtsliberale Minderheitenregierung ein Einreiseverbot für islamische Haßprediger eingeführt und den Steuerbehörden ermöglicht, religiösen Gemeinschaften und Predigern Steuervorteile zu entziehen, wenn sie grundlegende Freiheits- und Menschenrechte untergraben oder ablehnen.

Kampf gegen Schein- und Zwangsehen 

Die Familienzusammenführung von nichtwestlichen Zuwanderern und Asylbewerbern wurde mit diversen Gesetzesänderungen mehrmals erschwert und Schein- und Zwangsehen durch die 24-Jahre-Regel bekämpft, nach der verheiratete Migranten erst zusammenleben dürfen, wenn beide das 24. Lebensjahr vollendet haben.

Der Faktor kulturelle Unterschiede und Integrationsfähigkeit wird hier explizit als Begründung angeführt. Hierzu Einwanderungsministerin Inger Støjberg (V): „Es ist nicht notwendig, die selben Anforderungen an alle zu stellen, da es in aller Regel so ist, daß es einen großen Unterschied bei der Fähigkeit und dem Willen zur Integration gibt, je nachdem ob es ein christlicher Amerikaner oder Schwede ist oder ein muslimischer Somalier oder Pakistaner, der hierherkommt. Es sind primär muslimische Zuwanderer, welche die dänische Demokratie und Freiheitsrechte nicht respektieren“ (Berlingske). 

Das neugefaßte Gesetzespaket zur Familienzusammenführung vom Februar stellt schärfere Mindestanforderungen an die Sprachkenntnisse, das Ausbildungsniveau und die Erwerbstätigkeit des Antragstellers und des nachzuholenden Ehepartners. Zudem wurde die Garantiesumme für die Familienzusammenführung auf 100.000 Kronen erhöht.

Zeitgleich zu den Verhandlungen zum Burkaverbot wurde ein lebenslanger Ausschluß von der dänischen Staatsbürgerschaft für Zuwanderer vorgeschlagen, die für Banden- und Klankriminalität verurteilt wurden. Hier haben Venstre und DF auch schon eine parlamentarische Mehrheit hinter sich gebracht.

Im Gegensatz zu vielen Schwesterparteien aus der ALDE-Familie will Venstre somit liberale Freiheitsrechte und Prinzipien, die durch nichtwestliche Zuwanderung und Bildung von Gegenkulturen untergraben werden, verteidigen und die Zuwanderung an Dänemarks wirtschaftliche Bedürfnisse anpassen. Løkke Rasmussen faßte dies auf dem letzten Venstre-Parteitag zusammen: „Dänemark soll offen sein für die, die wollen und können. Dänemark soll hermetisch geschlossen sein für die, die nicht wollen“ (Jyllands-Posten).

Von der Dänischen Volksparte wurde als nächster Schritt ein Kopftuchverbot für minderjährige Mädchen, wie derzeit in Österreich diskutiert, in die Debatte eingebracht. Dieses wird von den anderen Parteien abgelehnt, allerdings hatte Venstres zuwanderungspolitischer Sprecher, Markus Knuth, schon Anfang 2017 eine politische Auseinandersetzung mit Kopftüchern bei Schülerinnen gefordert, da sie die Dominanz des Islams symbolisierten. Möglicherweise dauert es in dieser Hinsicht nicht wieder zehn Jahre, bis sich eine Mehrheit für ein solches Gesetz findet.