© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/18 / 08. Juni 2018

Im Gefängnis radikalisiert
Belgien: Der jünste Terroranschlag in Lüttich offenbart einmal mehr die Mängel des Justizsystems
Mina Buts

Sein erstes Opfer, den Drogendealer, mit dem er gemeinsam in der Zelle gesessen hatte, richtete der Wallone Benjamin Herman, der sich gerade auf Freigang befand, mit Beil und Hammer hin. Zwei Polizistinnen waren am nächsten Tag dran: Erst griff er sie mit einem Messer an, um ihnen dann die Dienstwaffe zu entwenden, mit welcher er sie erschoß.

Einem Studenten wurde das Überqueren des Zebrastreifens in Sichtweite Hermans zum Verhängnis. Einer Putzfrau jedoch, die er als Geisel genommen hatte, schenkte er das Leben, da sie als strenggläubige Muslima fastete. Erst nachdem drei weitere Polizisten verletzt worden waren, wurde der  Attentäter, der noch „Allah Akbar“ rufen konnte, getötet.

Dieser jüngste Terrorakt in Belgien ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: Der Attentäter, ein Wallone ohne Migrationshintergrund, ist tatsächlich erst im Gefängnis, in dem er seit 2003 einsitzt, mit dem IS in Berührung gekommen und radikalisiert worden.  

Die Warnungen von Mitgefangenen, die ihn als „Psychopath“ beschrieben,  und einem Gefängnisaufseher, der nur wenige Tage zuvor die Radikalisierung des Gefangenen gemeldet hatte, wurden vollkommen ignoriert. Ebenso die Tatsache, daß Herman schon mehrfach gegen die Auflagen für Freigänger verstoßen hatte, ja sogar währenddessen einen Raubüberfall verübt hatte. 

Vlaams Belang fordert den Rücktritt des Justizministers 

Belgien hat sich durch sein undurchsichtiges Gewirr von Regionen, Parlamenten und Zuständigkeiten zum Paradies für radikale Islamisten entwickelt – die Dichte an gewaltbereiten Moslems ist doppelt so hoch wie in allen anderen Staaten der EU. Die Gefängnisse des Landes sind hoffnungslos überfüllt. Der Justizminister des Landes, Koen Geens  (Christdemokraten), gibt unververblümt zu, daß es einen Regierungsbeschluß zur Senkung der Anzahl der Gefangenen gibt. Ein Mittel dazu scheint eine besonders liberale Freigängerregelung zu sein: Immer öfter wechseln wochenweise Haft und Freigang.

Die Forderung des Antwerpener Bürgermeisters Bart de Wever (N-VA), alle radikalen Moslems nach Ablauf ihrer Strafe im Gefängnis zu behalten, solange der Krieg mit dem IS andauert, ist als Wahlkampfgeplänkel zur anstehenden Kommunalwahl leicht zu durchschauen.

Lediglich der Vlaams  Belang fordert als Konsequenz die Absetzung des Justizministers. Gegenüber der JUNGEN FREIHEIT erklärte deren Vorsitzender Tom van Grieken: „Das ist einzig und allein die Verantwortung des Justizministers, für den die einzig annehmbare Reaktion sein Abtreten ist.“ Dieser aber erklärte postwendend, er denke nicht ans Aufhören. Schon die Gedenkminute Anfang dieser Woche für die Opfer des Anschlags geriet zur Farce: Im Mechelner Gefängnis trampelten dabei etliche Gefangene mit den Füßen und riefen „Allah ist groß.“